Der Kirchturm bleibt in der Nacht nicht mehr stumm, wird aber leiser

13.09.2016 | Erich Gmünder
Dorfkern mit AB
Die Volksinitiative der SVP will, dass künftig nicht das Parlament allein über Grossprojekte des öffentlichen Verkehrs abstimmen kann. Archivfoto: EG
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Gemeinderätin Pascale Sigg präsentierte das Ergebnis des runden Tisches zum nächtlichen Glockenschlag.

Erich Gmünder /Fotos: Marlis Schaeppi und Erich Gmünder

Ein Schrei der Entrüstung ging durch gewisse Leserforen im Internet und auch in der Tüüfner Poscht online, als die Gemeinde Teufen vor einem Jahr den nächtlichen Stundenschlag am evangelischen Kirchturm auf Antrag von Anwohnern und des Hotels Anker abstellte. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet, und am Runden Tisch wurde nun ein Kompromiss ausgehandelt, der offenbar auf allen Seiten akzeptiert wird.

Die Kompromisslösung heisst „Hammerhebewerk“ – was man sich darunter genau vorstellen kann, war wohl den wenigsten nicht direkt Involvierten klar, als Gemeinderätin Pascale Sigg-Bischof die baulichen Alternativen zur Dämpfung des nächtlichen Stundenschlags im Lindensaal präsentierte. Der Einbau dieses Werks, mit Kosten von Fr. 10’000, soll die Lautstärke des Glockenschlags um ca. 60 Prozent dämpfen. Eine andere Massnahme, die Verschalung (inwendig) des Glockenturms, würde gemäss den Ausführungen von Pascale Sigg ein Mehrfaches kosten.

Weitere Testphase

Weiterhin den Stundenschlag ganz abstellen oder umgekehrt wieder zur alten Läutordnung zurückkehren, war aber auch keine Alternative. So traf man sich immissionsmässig etwa in der Mitte, und Pascale Sigg, beruflich als Vermittlerin im Kreis Mittelland tätig, erhielt von Seiten von Befürwortern und Gegnern Lob für die professionelle Leitung des Runden Tisches.

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„Ich danke im Namen meiner Gäste wie auch im Namen von allen, die rund um die Kirche wohnen, dass wir Entgegenkommen spüren durften und die Phase von sechs Monaten durchlaufen können“, sagte Barbara Ehrbar-Sutter, welche 2014 erstmals eine Eingabe an den Gemeinderat gemacht und später für ein Wiedererwägungsgesuch 33 Unterschriften von Anwohnern im Dorfkreis gewonnen hatte.

Das Hotel Anker hatte immer wieder Absagen oder kurzfristige Abreisen hinnehmen müssen, weil die Gäste wegen des Glockenschlags keinen Schlaf fanden. Bauliche Massnahmen am Hotel versprachen ebenfalls keine Besserung. Im zweiten Anlauf kam der Gemeinderat den Unterzeichnern entgegen und stelle den Viertel- wie den Stundenschlag versuchsweise für ein halbes Jahr zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens ab.

Dagegen wehrten sich umgekehrt jene, die den nächtlichen Glockenschlag vermissten oder darin gleich einen Angriff auf die christlich-abendländische Tradition sahen.

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Als einer ihrer Fürsprecher zeigte sich nun auch Fritz Schiess zufrieden mit dem Kompromiss. „Ich bin froh, dass wir in der Nacht unsere Glocken, wenn auch reduziert, wieder hören dürfen.“

Nun kommt also das Hammerhebewerk, sobald es installiert ist, zum Einsatz, vorerst wieder für eine Testphase von einem halben Jahr. Danach wird entschieden, wie es weitergehen soll.

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Die Ergebnisse des runden Tisches vom 24. August



  • Einbau Hammerhebewerk – Dämpfung der Lautstärke des Glockenschlags bis ca. 60 %

  • Stundenschlag von 22.01 – 05.59 Uhr gedämpft eingeschaltet

  • Der Viertelstundenschlag bleibt während der gleichen Zeitdauer abgestellt

  • An den Wochenenden sowie an Feiertagen entfällt das Kirchengeläut um 06.00 Uhr am Morgen

  • Am ungedämmten Glockengeläut an Festtagen wie Silvester, Neujahr, Weihnachten etc. wird festgehalten

  • Diese Massnahmen werden nach Realisierung der Dämmung wiederum für sechs Monate getestet


Bildstrecke Orientierungsabend vom 13.9.2016



„Demokratie heisst nicht nur abstimmen“


Versammlungsleiter Markus Bänziger nahm den Kompromiss als Beispiel für sein Verständnis von Demokratie. „Demokratie heisst nicht nur abstimmen und wählen. Demokratie heisst vor allem auch, gemeinsam Lösungen erarbeiten und Probleme lösen. Beides haben wir als Dorfgemeinschaft heute Abend gemacht, wie der Fall Kirchengeläut und Administrativuntersuchung zeigen“, sagte der interimistische Gemeindepräsident. Er zeigte sich zuversichtlich, dass auch der künftige Gemeindepräsident am bürgernahen Vorgehen des Gemeinderates, Lösungen in Workshops und auch runden Tischen zu erarbeiten, festhalten werde und sich nicht getreu der Devise eines Kommentarschreibers verhalte, der sich einen Gemeindepräsidenten wünschte, der Schluss mache mit Workshops und entscheide.

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„Wir wollen der Gemeinde Teufen den Ruf zurückgeben, den das Dorf verdient hat“, sagte Bänziger. Die Mitarbeit in den Behörden sei attraktiv, was die grosse Schar an Interessenten im Frühjahr gezeigt habe. Ein öffentliches Amt zu übernehmen sei aber anspruchsvoll, weil man nicht nur Entscheide vorbereite und treffe, sondern auch als direkt vorgesetztes Gremium im Nebenamt einer Verwaltung mit über 300 Mitarbeitenden für die Umsetzung der Entscheide verantwortlich sei.

In diesem Zusammenhang würdigte Markus Bänziger den Einsatz des erneuerten Gemeinderats-Teams, die Hälfte davon Frauen, die sich motiviert und kompetent zusammen mit der Verwaltung unter Leitung des neuen Gemeindeschreibers Philipp Riedener darum bemühten, den Bürgerinnen und Bürgern eine zeitgemässe und effiziente Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Er betonte, die Behörden  seien dankbar für Anregungen, Hinweise und auch Kritik. Aber auch in Zeiten von elektronischen Medien, Online-Foren und Kommentarspalten seien das Gespräch und der direkte Kontakt mit den Behörden immer noch besser als schnell einen Kommentar zu schreiben. Der Gemeinderat erlaube sich denn auch, auf offensichtlich ungerechtfertigte und unsachliche Kommentare zu reagieren und die Dinge richtig zu stellen.

Veränderungsbedarf

Vorgängig hatte Markus Bänziger seine Motivation für die interimistische Übernahme der Gemeindeführung erklärt, welche aufgrund eines Wechsels des Arbeitgebers möglich geworden war und ihm eine zeitliche Verfügbarkeit von 70 – 80 Prozent bis Ende Oktober ermöglicht, also just bis zum Amtsantritt des neuen Gemeindepräsidenten. Die Gemeinderatsarbeit – „obwohl nicht immer lustig“ – mache er nach wie vor sehr gerne, die Gemeinde liege ihm am Herzen und er spüre das Vertrauen seiner Kolleginnen und Kollegen. Und er habe den anstehenden Veränderungsbedarf in Prozessen auf Gemeinde- und Verwaltungsebene seit längerem erkannt und eingefordert und sei nun in der Pflicht, das nun mit einem motivierten Team umzusetzen.

So wurden unter anderem die Abläufe bei den Gemeinderatsentscheiden so geändert, dass die einzelnen Geschäfte im Kollegium intensiver beraten werden können, mit dem Ziel, „hohe Quoren“ sprich Zustimmung für tragfähige Lösungen zu erhalten. Die Schlüsselpositionen in der Verwaltung wurden neu besetzt. Und zurzeit sei eine bereits unter Gemeindepräsident Walter Grob initiierte Analyse der Verwaltung durch einen externen Spezialisten in Arbeit.

 

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