Bildbericht: Erich GmünderDie Teufnerinnen und Teufner kamen bei angenehmen Witterungsbedingungen in den Genuss einer gemütlichen Bundesfeier. Im Zentrum stand die Ansprache eines Mitbürgers, der sich Gedanken zu den aktuellen Herausforderungen der Schweiz machte.
Wer dieses Jahr die Ansprache zum 1. August halten würde, blieb bis zum Schluss ein Geheimnis, das Markus Bänziger, Finanzchef und Vizepräsident des Gemeinderates erst in seinem Willkommgruss an die rund 300 Besucherinnen und Besucher lüftete: Es war Roland Bieri, der Träger des 8. Tüüfner Bären, den der gebürtige Entlebucher im Frühjahr für sein vielfältiges Engagement für die Gemeinde und ihre Institutionen erhalten hatte.
Roland Bieri, ehemaliger Präsident und immer noch aktives Mitglied der Harmoniemusik Teufen, welche den Anlass musikalisch umrahmte, schlug den Bogen vom Bundesbrief von 1291 zu den aktuellen Herausforderungen der Schweiz. Er fragte sich, wie es die Schweiz in den vergangenen 725 Jahren schaffte, dass sie heute zu den wohlhabendsten Nationen der Welt gehört.
Weltoffenheit als Erfolgsfaktor
Als einen der fünf wichtigsten Erfolgsfaktoren der Schweiz bezeichnete er – neben der politischen Stabilität, der freiheitlichen Wirtschaftsordnung, dem Schutz von Natur und Lebensgrundlagen sowie der Pflege von Kultur und sozialem Ausgleich – die Weltoffenheit, welche besonders aktuell sei, in einer Zeit, wo „uns viele Politiker einreden, die Schweiz solle ihre Grenzen abschotten.“
Noch nicht lange sei es her, dass die Schweiz ein armes Land gewesen sei und in vielen Gegenden kaum genügend Nahrung produziert werden konnte. So dienten vornehmlich junge Männer aus den armen Talschaften als Söldner bei fremden Herrschern in ganz Europa, – „Gastarbeiter mit einem sehr gefährlichen Beruf“. Um 1748 wurden gegen 80’000 Schweizer Söldner gezählt, welche in fremden Kriegsdiensten standen, bis die Reisläuferei drei Jahre nach der Gründung des modernen Bundesstaates verboten wurde. Und es sei noch keine 200 Jahre her, als die Schweiz selber ganze Familien aussiedelte, damit sie sich in Amerika eine neue Existenz aufbauen konnten.
„Heute würde man von Wirtschaftsflüchtlingen reden. Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir am Stammtisch über die aktuellen Flüchtlingsbewegungen diskutieren“, sagte Roland Bieri.
Bieri erinnerte auch daran, dass es in der Schweiz noch 1822 rund 400 Grenz- und Zollstationen und rund 20 verschiedene Währungen gegeben habe. Erst mit der Bundesverfassung von 1848 wurde ein einheitlicher Wirtschafts- und Währungsraum geschaffen und die Niederlassungsfreiheit im ganzen Land garantiert – „sonst stünde ich als gebürtiger Entlebucher heute nicht vor Ihnen.“
Dieser Schritt sei damals so gewaltig und bedeutend gewesen wie der heutige freie Handels- und Personenverkehr in Europa. Diese Öffnung der Grenzen und Märkte innerhalb der Schweiz habe den entscheidenden Impuls zum heutigen Wohlstand gegeben, zeigte sich Bieri überzeugt.
Aktuelle Herausforderungen
Als die beiden momentan grössten aktuellen Herausforderungen für das politische System bezeichnete er den Klimawandel und die gegenwärtige Völkerwanderung. Was den Klimawandel angehe, zeigte er sich optimistisch, dass dieser mit Intelligenz und technischem Erfindergeist sowie politischem Willen gemeistert werden könne.
Eine grössere Herausforderung sei die gegenwärtige Völkerwanderung, wo Zigtausende Menschen jeden Tag auf eine abenteuerliche Reise gingen, um für sich und ihre Liebsten bessere Lebensbedingungen zu finden und vor Hunger und religiösem Fanatismus zu fliehen. Die Schweiz dürfe stolz sein, dass sie viele dieser Flüchtlinge aufnehme.
Als Mittel, dass die Möglichkeiten zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen aus fremden Kulturen nicht überstrapaziert würden, bezeichnete er die Hilfe vor Ort. Beispielhaft erwähnte er die „Aktion Kurdistan“ von Stefan Staub und seinen zahlreichen Helfern aus Teufen und Bühler. „Wenn jede Gemeinde in Europa etwas Ähnliches machen würde, sähe es mit der momentanen Völkerwanderung sicher anders aus“, sagte Bieri, der sich zu den liberalen Grundwerten bekannte und für eine nachhaltige und massvolle Entwicklung des Staates plädierte – „damit Sie, ich, aber auch unsere Grosskindern weiterhin stolz sein können, als Bürger in diesem privilegierten Land leben zu dürfen.“
Premiere mit neuer Schweizer Hymne
Zum Schluss nahm Roland Bieri gleich die Gelegenheit wahr, den neuen Textvorschlag der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) für die Landeshymne vorzustellen und gleich mit der ganzen Festgemeinde, begleitet von der Harmoniemusik, anzustimmen.
[grauer-kasten title=“Der Vorschlag für eine neue Landeshymne: Weisses Kreuz auf rotem Grund“ text=“ Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Bund:
Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.
Offen für die Welt, in der wir leben,
woll’n wir nach Gerechtigkeit streben.
Frei, wer seine Freiheit nützt,
stark ein Volk, das Schwache stützt.
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
singen wir vereint aus einem Mund.“ ]
Wie gewohnt wurden aber auch je eine Strophe der Landeshymne und des Appenzeller Landsgemeindeliedes stehend gesungen.
Weitere stimmungsvolle Höhepunkte waren der Lampionumzug, angeführt von der Cevi, sowie das viertelstündige Feuerwerk um 22 Uhr.
Die Gemeinde hatte vorgängig einen Apéro spendiert. Die Festwirtschaft wurde von den Aktiven der 1. und 2. Mannschaft des FC Teufen bestritten. Im Zeughaus sorgten die Partybirds bis in die Nacht hinein für Stimmung.
Die Bundesfeier 2016 in Bildern (zum Blättern)
