"Haben Sie die Zukunft zu düster gemalt?"

04.04.2015 | Erich Gmünder
baenziger fiko ortsdurchfahrt (132)
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Markus Bänziger ist Gemeinderat und Präsident der Finanzkommission der Gemeinde Teufen. Fotos: EG

Kompliment, Markus Bänziger, der Abschluss 2014 kann sich sehen lassen – Teufen hat 5 Mio. Franken besser abgeschlossen als budgetiert. Wie weit ist Glück im Spiel oder wie weit trägt dieses Ergebnis die Handschrift des Präsidenten der Finanzkommission? Anders gefragt: Wurden Sie selber vom Ergebnis überrascht?

Das Kompliment gilt dem Gemeinderat: Er hat bereits im Budget 2013 und dann im Budget 2014 in der laufenden Rechnung und vor allem in der Investitionsrechnung gegenüber Vorjahren Zurückhaltung geübt. Aufgrund der 2012 und 2013 deutlich rückläufigen Gesamtsteuereinnahmen von 31 auf 30 und dann 29 Mio. Franken war bei gleichzeitig steigenden Ausgaben ein Marschhalt und Richtungswechsel notwendig. Dass die Steuereinnahmen 2014 wieder anstiegen, war ab Sommer erkennbar, in diesem Umfang aber erst jetzt. Zusammen mit der zurückhaltenden Investitionsplanung kann Teufen somit 5 Mio. Fr. Schulden zurückzahlen.

Nun werden natürlich Stimmen laut, die fragen, ob der Finanzminister die Zukunftsszenarien zu düster gemalt habe, als er die Risiken des Tunnelkredits beschrieb …

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – und dies umso mehr, wenn man mit fremden Porzellan hantiert! Dieser Leitsatz aus dem Volksmund ist besonders ernst zu nehmen, wenn man mit öffentlichen Geldern und damit fremden Geldern umgeht. Wir haben im Edikt sowie an den öffentlichen Versammlungen mehrfach erwähnt, dass die Tunnelfinanzierung mit 30 Mio. Fr. «grundsätzlich möglich ist» (Zitat aus Edikt). Dies hätte zwar zu einem signifikanten Anstieg der Verschuldung geführt und damit den Handlungsspielraum der Gemeinde in den nächsten Jahren eingeschränkt, aber dies hätte man stemmen können.

Finanziell echt Sorge hat aber das finanzielle Risiko der Kostenüberschreitung gemacht: Teufen hätte davon 86% tragen müssen: Der Bund hätte sich gar nicht beteiligt, der Kanton zu 14% – vorbehältlich der Zustimmung durch Kantonsrat und eventuell durch eine kantonale Volksabstimmung, auch dies ein ungedeckter Check zu diesem Zeitpunkt. Die Kombination des Verschuldungsanstiegs mit dem Kostenüberschreitungsrisiko hat zu den Warnungen geführt.

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Eine Steuerfusssenkung ist für
den Gemeinderat solange kein
Thema, als die Gemeinde noch
Schulden zu bedienen hat.»

Jetzt ist diese Jahrhundertausgabe also weg vom Tisch. Das bedeutet mehr Spielraum – oder wollen Sie den strikten Sparkurs weiterführen und peilen Sie gar eine Steuerfusssenkung an?

Wie an der Budgetpräsentation 2015 im Lindensaal erläutert, stehen in den nächsten Jahren verschiedene Ersatzinvestitionen in Gebäude und Infrastruktur an. Die reduzierten Schulden sowie die wieder angestiegenen Steuereinnahmen erhöhen den finanziellen Spielraum zweifelsohne. Dennoch, Sparen ist ein breitgefasster Begriff und reicht von Ausgabenreduktion bis hin zum haushälterischen Umgang mit den Finanzen. Letzteres muss eine Grundhaltung sein, ja ist sogar gesetzlicher Auftrag. Eine Steuerfusssenkung ist für den Gemeinderat solange kein Thema, als die Gemeinde noch Schulden zu bedienen hat.

Teufen will gemäss Leitbild bezüglich Steuerbelastung zu den ersten Drei in der Ostschweiz gehören. Es gibt aber auch auf der Sonnenterrasse Verlierer des Steuerwettbewerbes: Die Preise sind so in die Höhe geschnellt, dass sich junge Leute oder Einverdienerhaushalte Miete oder Wohneigentum kaum mehr leisten können. Besteht nicht die Gefahr, dass die Gemeinde längerfristig nur noch für Wohlhabende, betuchte Senioren und Doppelverdiener attraktiv ist?

Teufen ist je nach Einkommensklasse eine der steuergünstigsten Gemeinden in der Ostschweiz, aber nicht bei den top Drei. Das ist auch in Ordnung so – ein Leitbild ist nur eine Leitidee und eben kein konkretes Ziel, dazu fehlt ihm auch die Legitimation des Souveräns. Das Ausgabenvolumen von Teufen – insbesondere auch aufgrund einer überdurchschnittlichen und damit auch kostenintensiven Infrastruktur – ist verglichen mit anderen Gemeinden hoch. Entsprechend ist Teufen mittlerweile auf ein hohes Steuereinkommen angewiesen; dieses wird insbesondere von sehr guten Steuerzahlern geleistet. Die Bodenpreise in Teufen sind seit Jahrzehnten höher als in anderen Gemeinden: Schon zur Schulzeit meiner Eltern – also in den 40-er und vor allem 50-er-Jahren – war dieser Trend erkennbar. Aber die Differenz hat möglicherweise weiter zugenommen. Teufen ist aber nicht nur steuerlich attraktiv, sondern vor allem geographisch, mit der Nähe zu St.Gallen, der durchwegs hervorragenden Südlage sowie der erwähnten mustergültigen Infrastruktur für Schule und Sport.

Aber unstrittig ist auch, dass die Bodenpreisentwicklung und damit parallel auch die Mietpreisentwicklung zusehends zu einem Problem wird, insbesondere auch für überdurchschnittlich grosse Familien mit drei und mehr Kindern: Das bereitet Sorgen, denn ein Dorf lebt von der Durchmischung der Altersgruppen und der verschiedenen Schichten; wir müssen das Dorf zusammenhalten. Lösungen hierzu wurden schon mehrfach angedacht, aber die Umsetzung ist nicht ganz einfach und auch nicht unbestritten.

Fotos/Interview: Erich Gmünder

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