3.04.2015

„Ich will, dass die Menschen sich wohlfühlen“

Stefan Staub ist Tüüfner Chopf im April.

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Stefan Staub ist seit fünf Jahren Pfarreileiter der Pfarrei Teufen-Bühler-Stein. Foto: EG

Erich Gmünder

Frühmorgens sieht man ihn sommers wie winters mindestens einmal pro Woche auf seiner morgendlichen Wanderung über die Jägerei Richtung St.Gallen. Für Stefan Staub der ideale Einstieg in den Tag. Gefühle der Dankbarkeit und Zufriedenheit begleiten ihn dabei: «Ich empfinde es als grosses Privileg, hier zu Hause zu sein.»

Nach fünf Jahren ist der ehemalige Seelsorger vom Riethüsli in Teufen angekommen. Die 300 Plätze der katholischen Kirche sind oft gefüllt, wenn er prominente Gäste zum Gespräch an der Kanzel einlädt, die örtliche Guggenmusik einheizt oder moderner Sound auch Junge und Junggebliebene anspricht.

Wohlfühlkirche

«Ja, ich will, dass sich die Menschen hier wohlfühlen, gerne und immer wieder kommen.» Wohlfühlkirche heisst für ihn aber nicht, dass die Zustände in der Welt und in der Kirche schöngeredet werden sollen, im Gegenteil. Dabei nimmt Stefan Staub wie sein oberster Boss kein Blatt vor den Mund, und hält mit Kritik – auch Selbstkritik – nicht zurück.

Der Wechsel an der Kirchenspitze erfüllt ihn mit Hoffnung: «Früher war es manchmal fast peinlich, katholisch zu sein, dank Papst Franziskus ist es plötzlich cool!» Der Papst aus Argentinien, der auch die Slums kennt, ist für ihn ein kleiner Revolutionär, der das Pharisäertum im Klerus öffentlich verurteilt. Sollte er ihn je treffen, würde er ihm danke sagen für seinen Mut und seine Glaubwürdigkeit, und eine Flasche Appenzeller Alpenbitter überreichen – gegen Magenkrämpfe wegen der Missstände in der Kirchenhierarchie.

Innere Freiheit

Stefan Staub sieht seinen missionarischen Auftrag nicht darin, Seelen für die Kirche Roms zu gewinnen. Er möchte den Menschen helfen, den Zugang zu finden «zur inneren Freiheit». Sein Gottesbild sei geprägt vom neuen Testament, fern von Dogma und Kadavergehorsam, mit Freiheit und Liebe als oberste Prinzipien. Und bei allem Ernst müsse auch der Humor Platz haben, oder die Selbstironie: «Am wohlsten ist es mir, wenn in der Kirche auch mal gelacht wird – auch wenn es über mich selber ist.»

Dafür sorgen Events mit Prominenten an der Kanzel, wie Konrad Hummler, den er noch vor dem Zusammenbruch der Privatbank eingeladen hatte und der dann trotzdem kam, oder Simon Enzler. Nicht um die Kirche zu füllen – das sei zwar ein «netter Nebeneffekt» – , sondern die Welt in die Kirche zu holen und den Menschen positive Erlebnisse zu vermitteln. Auch solchen mit kritischer Distanz zur Kirche.

Erlebnisse vermitteln, Gemeinschaft stiften sollen auch die Pfarreireisen – Mitte April geht’s mit 53 Teilnehmern beider Konfessionen nach Malta. Leute zusammenbringen und motivieren, das begleitet Stefan Staub seit seiner Jugend, als er sich in der kirchlichen Jugendarbeit in Lichtensteig engagierte, wo der Sohn des Posthalters eine Lehre als Fotofachhändler absolvierte.

Auf Umwegen über den Lokaljournalismus fand er schliesslich auf dem dritten Bildungsweg zum Theologiestudium in Luzern, wo er auch seine spätere Frau, die Mutter seiner drei Kinder kennen- und lieben lernte. Die Trennung und Scheidung traf ihn damals, nach Stationen in Wangs und Aadorf als Diakon und Pfarreileiter im Riethüsli gelandet, hart.

Der Einstieg in die Armeeseelsorge – ein 50-Prozent-Pensum – kam da vielleicht gerade zur rechten Zeit: Die Probleme im Kosovo, die Begleitung der Schweizer Soldaten im Friedenseinsatz relativierten seine eigenen Probleme. Der Kontrast nach solchen Einsätzen in einem immer noch tief gespaltenen Land lasse ihn oft ratlos zurück, aber auch dankbar für das Privileg, hier wohnen und arbeiten zu dürfen, in Frieden und auch in gelebter Ökumene mit den evangelischen Christen.

Gelebtes Christentum bedeutet für ihn aber auch Handeln. So ist Stefan Staub zurzeit daran, mit dem in Niederteufen lebenden Repräsentanten der Autonomen Region Kurdistan in der Schweiz, Dr. Fauzzi Kaddur, einen Hilfskonvoi zu Vertriebenen der Terrororganisation Islamischer Staat zur organisieren, den er nächstes Jahr im Rahmen eines einmonatigen Bildungsurlaubes nach Kurdistan, an der nördlichen Grenze zu Irak, begleiten wird.

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Stefan Staub

Geboren: 19. 9. 1967 in Wattwil

Aufgewachsen: in Lichtensteig

In Teufen seit: 2010

Familie: temporär Alleinerziehender, 3 Töchter (16, 15, 12)

Erlernter Beruf: Fotofachangestellter

Heute tätig als: Diakon/Pfarreileiter/ Armeeseelsorger

Lieblingsessen: Lasagne verde

Lieblingsgetränk: übrig gebliebener Messwein

Musikvorlieben: Alternativ Pop

Buch auf dem Nachttisch: Hermann Hesse, Siddharta; Kirche, Krieg und Katholiken – Sachbuch zur Stellung der Kirche im 2. Weltkrieg; Gone Girl, Thriller

Hobbys: Reisen, Töfffahren, Kochen

Lebensmotto: «Panta rhei …» (alles fliesst)

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