20.08.2014

Jetzt wird’s konkret: Vor- und Nachteile abwägen

Erste Wertung der Lösungsvorschläge für die Ortsdurchfahrt.

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Rege Diskussionen zwischen Verkehrsfachleuten, Politikern und Bürgern am 3. Workshop im Lindensaal. Fotos: EG

Erich Gmünder

Zwei Architektenteams haben sich in den Sommerwochen unabhängig voneinander mit der Ortsdurchfahrt von Teufen beschäftigt und nun ihre Vorschläge präsentiert. Neu war die Idee, die Haltestelle beim Bahnhof auf die Südseite zu verlegen und dadurch auf den Gleisanlagen und dem freiwerdenden Trassee Potenzial für Entwicklungsmöglichkeiten zu gewinnen.

Auf harten Widerstand stösst hingegen die Idee, die Doppelspur bis nach Niederteufen zu verlängern: Viel zu teuer, hiess es von Seiten des Kantons. Und auch die wichtigste Frage, Doppelspur oder Tunnel, scheint sich langsam zu klären: Die Doppelspur hat gegenüber dem Tunnel klar Boden gut gemacht, auch wenn vor allem aus finanziellen Gründen.

3. workshop ortsdurchfahrt (206)

Tunnellösung hat zunehmend schweren Stand

Dies zeigte auch eine kurze Umfrage bei einzelnen Teilnehmern am Schluss des 3. Workshops. Neben finanziellen Gründen sind es auch die städtebaulichen Eingriffe mit den zu erwartenden Portalen sowie die Tieferlegung der Gleisanlagen, welche nötig wären, damit die Bahn die Speicherstrasse unterqueren könnte. Andere Lösungsansätze bei der Tunnellösung sind eine Verlegung der Rampe Richtung Linde, was ebenso wenig benutzerfreundlich wäre wie die Schrägstellung der Rampe.

Das Killerargument gegen die Tunnellösung sind aber nach wie vor die Kosten und nicht die Nachteile. Denn das wurde auch deutlich gesagt: Der Dorfkern würde gewinnen ohne Bahndurchfahrt. Weil Teufen einen grossen Teil der Kosten selber tragen musste – die Rede ist zurzeit immer noch von 30 Mio. Franken – würden aber die Mittel fehlen, um das Ortszentrum attraktiv zu gestalten und gleichzeitig den Verkehr einzudämmen. Der geringe Mehrwert würde die massiven Mehrkosten jedoch nicht rechtfertigen.

Auf der anderen Seite wurde auch deutlich, dass nicht wenige nicht nur von der Tunnelidee wegkommen, weil sie teuer ist, sondern weil sie sich von der Doppelspurlösung auch Vorteile versprechen: Sie würde den Verkehr portionieren, weil das Tram oft schwierig zu überholen ist – und dazu führen, dass vermehrt die Umfahrungsstrasse genutzt würde. Und sie brächte neue Möglichkeiten als Verkehrsanbindung von Niederteufen sowie gegen eine Verödung des Dorfzentrums.

Die Doppelspur würde durch den Wegfall der Parkplätze näher beim Gemeindehaus geführt und mit einem breiten Mittelstreifen versehen, um die Querung der Strasse für Fussgänger und Radfahrer zu verbessern. Dadurch würde umgekehrt auf der anderen Seite des Platzes mehr Raum für Begegnung und auch Parkplätze frei. Als störend empfunden werden die Fahrleitungen sowie die Kandelaber mitten im Dorf, welche für die Doppelspur nötig wären. Beide Varianten wären aber besser als der heutige Zustand, wurde ebenfalls mehrfach betont.

Parkplätze als Pièce de Resistance

Im Zentrum der Diskussion steht immer wieder das Angebot von Parkplätzen im Zentrum, das überlebenswichtig sei für die Gewerbebetriebe im Dorf – und ohne Gewerbe sei das Dorf tot, hiess es immer wieder. Diese Frage ist aber variantenneutral, denn auch bei der Tunnellösung müssten die gefährlichen Parkplätze vor Gemeinde- und Schulhaus verschwinden, da sind sich alle einig.

Ersatz geschaffen werden soll auf der südlichen Seite des Dorfplatzes – für Kurzparkierer – sowie durch den Bau eines nahen Parkhauses. Als mögliche Standorte werden der alte Spar sowie eine unterirdische Anlage hinter dem Gemeinde- und Schulhaus favorisiert.

Verlegung des Bahnhalts

Geradezu aufsehenerregend war der Vorschlag eines Architektenteams, die bestehenden Gleisanlagen aufzuheben und auf die südliche Seite des Bahngebäudes zu verlegen. Damit wäre ein grosses Areal frei für mögliche neue Nutzungen als Begegnungs- oder Grünraum. Der Vorschlag war so neu, dass der Vertreter der Appenzeller Bahnen erst einmal leer schlucken musste – und dann auf einige kritische Punkte dieser Lösung verwies. Denn für die Einführung eines Doppelspurbetriebes braucht es zwingend ein drittes Gleis, dafür sei jedoch der Platz auf der Hauptstrasse knapp, und auch der enge Radius beim Einbiegen vom Dorf auf den Bahnhofvorplatz scheint ein Problem zu sein. Ebenfalls geprüft werden soll in diesem Zusammenhang die Verlängerung der Doppelspur bis zur Linde, um die peripher gelegenen kulturellen Zentren wie Lindensaal und Zeughaus besser an den ÖV anzubinden, und auch eine zusätzliche Haltestelle beim Ochsen ist ein Thema.

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Deutliche Worte von Baudirektor Köbi Brunnschweiler.

Verlängerung nach Niederteufen „völlig unrealistisch“

Angedacht worden war auch eine Verlängerung der Doppelspur bis nach Niederteufen, um diesen Ortsteil besser an das Dorf anzubinden. Diese Idee muss nun wohl aus finanziellen Gründen vorerst einmal begraben werden. „Völlig unrealistisch“ sei das, sagte Baudirektor Köbi Brunnschweiler, und rechnete vor: Für den Neubau der Doppelspur zwischen Bahnhof und Stofel – die grösstenteils von Bund und Kanton bezahlt würde – werden rund 24 Mio. Franken veranschlagt. Die Verlängerung vom Stofel bis nach Niederteufen sei aber mehr als doppelt so lang und würde demnach zwischen 50 und 60 Mio. Franken kosten. Dafür sei bei Bund und Kanton angesichts der laufenden Sparrunden in den nächsten Jahren kein Geld locker zu machen. Aus Sicht der Gemeinde nahm Walter Grob dieses ‚Jetzt nein‘ mit Bedauern entgegen, denn die Gemeinde könnte die Kosten nicht alleine stemmen. Hingegen sollte unbedingt versucht werden, diese Variante für eine nächste Generation als Option zu erhalten. „Frühestens in 60, 70 oder 80 Jahren“ könne man über dieses „Generationenwerk“ wieder reden, denn die Idee an sich sei gut, waren sich die Fachleute an diesem Abend einig.

3. workshop ortsdurchfahrt (135)
In Gruppen wurden die Ergebnisse diskutiert und auf Flipcharts präsentiert. Auch Gemeindepräsident Walter Grob beteiligte sich aktiv.

Wie weiter?

Der Lenkungsausschuss und daran anschliessend der Gemeinderat werden sich jetzt mit den Vorschlägen der Architektenteams sowie dem Input aus den drei Workshops auseinander setzen, und der Gemeinderat wird bis Ende September den Variantenentscheid fällen. Danach werden die Abstimmungsunterlagen erstellt und anfangs November verteilt. An einer Ausstellung und zwei öffentlichen Versammlungen (6. November und 16. Dezember) wird die Bevölkerung die Gelegenheit erhalten, sich intensiv zu informieren und Fragen zu klären, so dass am 18. Januar 2015 an der Urne in Kenntnis aller Fakten der Grundsatzentscheid Tunnel oder Doppelspur gefällt werden kann.

3. workshop ortsdurchfahrt (217)
Anstossen auf die Ergebnisse des vierstündigen Workshops und den Abschluss der halbjährigen Arbeit.

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