Kostbare Holzräderuhren aus Teufen

11.02.2016 | TPoscht online
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Die 1767 von Jakob Schefer für Johann Buff geschaffene Uhr. (Fridolin Staub)

Thomas Fuchs

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte sich das Teufner Gewerbe äusserst vital und innovativ, insbesondere in der Getreidemüllerei und in der Holzverarbeitung. Nicht nur aussergewöhnlich begabte Zimmerleute, allen voran die bekannten Gebrüder Grubenmann, lebten damals in Teufen, sondern auch die besten Mühlenbauer (Rutz) – und hervorragende Uhrenmacher (Schefer und Brugger).

Holzräderuhren wurden nach 1650 allmählich populär. Ähnlich wie bei den bemalten Möbeln waren es zunächst Angehörige ländlicher Oberschichten, die das Bedürfnis verspürten, sich Stubenuhren anzuschaffen. Ländliche Holzhandwerker begannen, die städtischen Eisenuhren mit ihrem Werkstoff nachzubilden. Die zünftisch organisierten Uhrenmacher in den Städten wehrten sich vergeblich dagegen.

In der Schweiz entstanden verschiedene regionale Traditionen wie die Berner, die Davoser, die Schwyzer oder die Appenzeller Holzräderuhr.

Jakob Schefer und Sohn

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Einblick in das komplexe Uhrwerk der Mondphasen-Uhr in Gais. (Museum am Dorfplatz Gais, Foto Raimund Brenner)

«dem Johann Buff gehört • Anno Domini MDCCLXVII Jahr • vom Jacob Schefer gemacht Tüffen ». Diese Inschrift auf einer Holzräderuhr von 1767 teilt uns unmissverständlich mit, wer das technische Meisterwerk schuf.

Dies ist eine Ausnahme. Häufig ist nicht eindeutig zu unterscheiden, ob ein aufgetragener Name für den Hersteller oder für den Eigentümer einer Uhr steht. Viele Zeitmesser tragen überhaupt keine Personennamen.

Holzräderuhren mit dem Namen Jakob Schefer sind mindestens sieben aus dem Zeitraum 1755 bis 1797 erhalten. Forschungen von Karl Rechsteiner-Langenegger aus Gais ergaben neulich, dass wir es mit zwei gleichnamigen Uhrenmachern zu tun haben, mit Jacob Schefer-Zürcher (1718 –1783) und dessen Sohn Jacob Schefer-Oertli (1748 –1799).

Die Werke von Schefer Vater gelten als Höhepunkte bei der Herstellung von Holzräderuhren. Indem er Konstruktionsprinzipien, die sonst nur in Eisenuhren des städtischen Kulturkreises zu finden waren, auf die Holzräderuhr übertrug, schuf er Uhrwerke, die teils sogar über Mondphasenindikation und Rechenschlagwerk verfügen.

Ein solch komplexes Meisterstück befindet sich im Museum am Dorfplatz in Gais. Zwar ist Schefers Name auf ihm nirgends zu finden, aufgrund der Konstruktion darf es aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ihm oder seinem gleichnamigen Sohn zugewiesen werden.

Neben der normalen Zeitanzeige (römische Ziffern I bis XII für die Stunden, arabische Zahlen 5 bis 60 für die Minuten) verfügt die Stubenuhr in Gais über folgende Werke: Wecker (kleine Scheibe unten), Tagesanzeige (Zahlen 1 bis 30 auf dem schwarzen Ring der inneren Scheibe) sowie zwei Anzeigen für die Mondphasen.

Das kreisrunde Fenster auf der Innenscheibe zeigt die Mondphase bildlich. Sie verändert ihre Grösse und wandert zudem entlang einer Skala von zweimal fünfzehn Tagen, je fünfzehn für den aufsteigenden und den abnehmenden Mond, rund um das Zifferblatt.

Weshalb Schefer eine Dreissiger-Einteilung wählte, ist nicht bekannt. Das Schlagwerk der Uhr besteht aus einem Spiel von vier verschiedenen Glocken und ertönt viertelstündlich.

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Holzräderuhr mit der Aufschrift «renon.[viert] Jacob Schefer 1808». (Ortsgeschichtliche Sammlung Teufen)
Ein Jakob Schefer, vielleicht bereits der Sohn Jacob Schefer-Oertli (1748–1799), konstruierte 1780 auch die Uhr im Chor der Kirche in Teufen. Ob ferner Johannes Schefer, der 1781 den Auftrag zur Fertigung der Turmuhr für die neue Kirche in Gais erhielt, ebenfalls zu dieser Familie gehörte, muss derzeit offen bleiben.

Emanuel Brugger

Ein weiterer Meister seines Fachs in Teufen war Emanuel Brugger (1714 –1774), von dem ebenfalls mehrere Uhren erhalten sind. Dank Recherchen des Schreibenden kann nun ein wenig Licht auf sein Leben geworfen werden.

Meister Emanuel Brugger verstarb kurz vor Weihnachten 1774 in Teufen im Alter von 60 Jahren, nur gerade fünf Monate nach seiner 1 2a zweiten Hochzeit. Seine erste Frau Katharina 2bgeb. Tobler (1713 –1772) war zwei Jahre vorher verstorben. Mit ihr war er dreissig Jahre verheiratet gewesen. Von ihren neun Kindern starben sechs kurz nach der Geburt.

Möglicherweise war der älteste Sohn Emanuel (geb. 1745) ebenfalls als Uhrmacher tätig. Auf jeden Fall ist eine Holzräderuhr mit seinem Namen aus dem Jahr 1793 erhalten.

Uhrensammlung Kellenberger
Die 1767 von Emanuel Brugger gefertigte «Memento-Mori»-Uhr. (Uhrensammlung Kellenberger, Foto Michael Lio)

Eines von Bruggers Meisterwerken ist in der Uhrensammlung Kellenberger in Winterthur ausgestellt. Es trägt auf der Rückseite des Zifferblattes folgende Signatur: «von M.[eister] Emanuel Brugger im Kt. Appenzell U.[sser] Rh.[oden] in der christlichen Gemeind Tüffen 1767».

Die ungewöhnlich grosse Holzräderuhr zeichnet sich durch technische Raffinessen (auffallend grosse Holzräder mit Speichen und eingeschlagenen Eisenzähnen, die an Mühlenräder erinnern) und eine besonders aufwändige Gehäusearchitektur und -bemalung aus.

Das oben am Gehäuse als Titel präsentierte Motiv des «Memento-Mori» [gedenke des Todes] ist in verschiedenen Formen präsent. Zuoberst signalisiert ein Putto mit einer Sanduhr die Vergänglichkeit allen Lebens. Rechts von ihm präsentiert sich in Form eines grossen Blumenstrausses die Fülle des Lebens, links unter ihm lauert im Gewölk der durch einen Schädel symbolisierte Tod.

Auf der Konsole erkennen wir eine zweigeteilte Figur: Ihre linke Hälfte zeigt ein Mädchengesicht, dem  wiederum ein Blumenstrauss beigeordnet ist, ihre rechte einen Totenschädel neben Sarg und Grabspaten.

Auch die vier Figuren rund um das Zifferblatt erzählen vom Werden und Vergehen. Sie symbolisieren die vier Jahreszeiten.

Abgerundet wird das Ganze durch die Sinnsprüche «Förchte Gott von Hertzengrund so gehts dir Wohl all Tag und Stund» (unter dem Zifferblatt) und «Hin geht die Zeit, her kommt der Tod. O Mensch leb fromm und förchte Gott. Wer fromm lebt in der Zeit, ist seälig in der Ewigkeit» (auf der Konsole).

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1769 hergestellte Uhr mit der Aufschrift «Ulrich Haß [= Haas] 1769». (Ortsgeschichtliche Sammlung Teufen)
Schefer und Haas

Im frühen 19. Jahrhundert war in Teufen ein weiterer Uhrmacher mit Namen Schefer tätig. Im Familienregister steht der Vermerk «besass als Uhrenmacher manche gute astronomische Kenntnisse». Dieser (Hans) Jakob Schefer lebte von 1780 bis 1841 und wohnte im Oberen Farnbühl. Es war kein direkter Nachfahre der bereits genannten Uhrmacher Schefer.

Bekannt ist derzeit nur eine Uhr von ihm. Sie befindet sich in der Ortsgeschichtlichen Sammlung Teufen. Erhalten sind zudem schöne Uhren aus Teufen, die mit «Ulrich Haß [= Haas] 1769» (im Grubenmann-Museum Teufen) und «Johann Conrad Haas 1812» (im Museum Herisau) beschriftet sind. Unklar ist in diesen Fällen jedoch, ob sich die Anschriften auf die Hersteller oder die Eigentümer beziehen. TP 2016/1

Quellen und Literatur: • Gemeindearchiv Teufen, Kirchenbücher. • Berthold Schaaf: Holzräderuhren, München 1986. • Fridolin Staub: Eine Sammlung alter Uhren, Gipf-Oberfrick 2000.

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