«Walter Grob hat – wohl im guten Glauben – die Sache unterschätzt»

29.04.2016 | Erich Gmünder
Ursula von Burg Markus Baenziger Rücktritt Grob (2)

Ursula von Burg Markus Baenziger Rücktritt Grob (2)

Mit fünf beziehungsweise vier Jahren Gemeinderatszugehörigkeit sind Vizepräsidentin Ursula von Burg-Hess und Markus Bänziger ab 1. Juni bereits die beiden amtsältesten Gemeinderäte. Sie standen der Tüüfner Poscht zu den Hintergründen des kurzfristigen Rücktritts von Walter Grob sowie dem «Wie weiter» Red und Antwort.

Haben GPK und Gemeinderat den Gemeindepräsidenten zum Rücktritt gezwungen? Handelt es sich hier um eine politische Abrechnung?

Ursula von Burg: Walter Grob hat gesehen, dass seine Beurteilung dieser Erbschaftsangelegenheit und jene von GPK und Gemeinderat sich deutlich unterscheiden. Er hat – wohl im guten Glauben – die Sache unterschätzt. Nach unseren Diskussionen und Bewertungen hat er die politischen Konsequenzen gezogen. Um eine Abrechnung geht es überhaupt nicht. Allerdings ging es um eine politische Beurteilung der Kommunikation und des Verhaltens unseres Gemeindepräsidenten.

Was wird Walter Grob vorgeworfen? Wie hoch wiegt sein Verschulden?

Markus Bänziger: Walter Grob hat nicht informiert. Er hat das Vermächtnis strikt als Privatsache behandelt und dabei ausgeblendet, dass er nicht nur als Privatperson involviert war, sondern auch in seinen Funktionen als Gemeindepräsident, Präsident der Stiftung Guyer und als Präsident der Erbschaftskommission. Er hat es selbst den anderen Stiftungsräten gegenüber an Transparenz fehlen lassen.

Offenbar vertrat Walter Grob eine andere Ansicht – er fand nicht, dass er deswegen zurücktreten musste – Warum hat er nun doch die Konsequenzen gezogen?

UvB: Die in letzter Zeit intensiv geführten Gespräche haben gezeigt, dass verschiedene Amtsgeschäfte der Vergangenheit vom Gemeindepräsidenten einerseits und einer Mehrheit der Gemeinderäte andererseits derart unterschiedlich beurteilt werden, dass nach Beurteilung des Gemeinderates keine für eine weitere Zusammenarbeit hinreichend tragfähige Vertrauensbasis mehr vorhanden ist. Aus diesem Grund hat der Gemeinderat kürzlich an einer ausserordentlichen Sitzung Walter Grob das Vertrauen entzogen und ihm nahegelegt, sein Amt als Gemeindepräsident per Ende Mai 2016 zur Verfügung zu stellen.

Was geht den Gemeinderat und die GPK eine private Erbschaft des Gemeindepräsidenten überhaupt an?

MB: Kern unserer Auseinandersetzung und der unterschiedlichen Beurteilung sind die Nicht-Kommunikation über diesen Vorgang, die mit diesem Vermächtnis einhergehenden Interessenkonflikte und drittens die Frage, inwieweit sich das Vermächtnis als reine Privatangelegenheit deklarieren lässt oder eben in Verbindung mit dem Amt als Gemeindepräsident im weiteren Sinne zustande gekommen ist.

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«Walter Grob hat das Vermächtnis
strikt als Privatsache
behandelt und dabei ausgeblendet,
dass er nicht nur als
Privatperson involviert war».

Aus politischer Sicht bzw. nach Meinung von GPK und Gemeinderat wäre einerseits eine frühzeitige, aktive und offene Information darüber vom Gemeindepräsidenten zu erwarten gewesen und andererseits hätte der Gemeindepräsident in dieser Erbangelegenheit unverzüglich als Präsident der Erbteilungskommission in den Ausstand treten sowie das Amt des Stiftungsratspräsidenten an eine andere Person übertragen müssen.

Ursula von Burg und Roger Böni sind ebenfalls Mitglieder des Stiftungsrates, Ursula von Burg sitzt auch in der Erbteilungskommission. Wieso wurde nicht interveniert?

UvB: Die Guyer-Stiftung besteht seit 25 Jahren. Sie erhielt in dieser Zeit einen vergleichsweise geringen Betrag und war inaktiv. In der Stiftungsurkunde haben die Stifter festgelegt, dass die jeweils amtierenden Mitglieder des Büros des Gemeinderates, also Gemeindepräsident, Vizepräsident und Gemeindeschreiber, als Stiftungsrat amtieren. Bei Erbe und Vermächtnis spielte die Stiftung keine aktive Rolle. Trotzdem untersucht die kantonale Stiftungsaufsicht jetzt auf Wunsch des Gemeinderates alle Vorgänge im Zusammenhang mit diesem Vermächtnis. Die Erbteilungskommission kam noch nicht zum Zug, da die Erbteilung noch aussteht. Es wurde also noch nichts verpasst.

Wie hoch ist die Summe, um die es bei diesem Vermächtnis geht?

UvB: Die genaue Höhe ist Walter Grobs Privatsache, der Gemeinderat darf nach Gesetz nicht über Erbangelegenheiten öffentlich informieren, auch nicht in diesem Fall. Im Übrigen hat Walter Grob inzwischen ja auf diese Erbschaft verzichtet. Der Gemeinderat hat aber das Recht und die Pflicht, über das der Stiftung nach der Erbteilung zufliessende Kapital zu berichten.

Wie bereits berichtet, werden rund 4 Mio. Franken erwartet. Was passiert mit dem Geld, wer ist zuständig?

Die Gemeinde wurde indirekt begünstigt. Das Geld geht an die Stiftung. Der Stiftungszweck ist recht breit formuliert. Genannt werden allgemein wohltätige Zwecke, Tier-, Natur- und Heimatschutz, Errichtung und Erhalt von Erholungseinrichtungen (Parks, Wanderwege, Spiel und Sport, Schwimmbad), sowie die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum. Zuständig ist der Stiftungsrat. Wie oben erwähnt, sind das die jeweils amtierenden Mitglieder des Büros des Gemeinderates, also Gemeindepräsident, Vizepräsident und Gemeindeschreiber.

Welche Rolle spielte die GPK in dieser Angelegenheit?

Die GPK wurde von Dritten auf den Fall aufmerksam gemacht und hat Abklärungen getroffen. Sie hat danach den GR informiert, und dieser ist dem Sachverhalt nachgegangen und hat Massnahmen ergriffen.

Welches sind diese Massnahmen?

Alle Vorgänge rund um die Stiftung wurden gestoppt. Es wurde eine Administrativuntersuchung innerhalb der Verwaltung angeordnet. Diese bezieht sich auf die Prozesse rund um den Erbgang. Die Dokumente werden gesichtet und die involvierten Personen werden befragt. Diese Untersuchung wird von RA M. Joos geführt, und wir erwarten seinen Bericht bereits für die nächste Gemeinderatssitzung Mitte Mai.

Weiter wurde eine Anzeige bei der kantonalen Stiftungsaufsicht eingereicht mit der Bitte um die Einsetzung eines Sachwalters, der die Interessen der Stiftung wahrnimmt. Der Sachwalter wird die Stiftung führen, bis die Erbteilung erfolgt ist.

Es gibt Stimmen, die verlangen mehr Information über die genauen Abläufe und Hintergründe dieser Erbschaft: Müsste der Gemeinderat mehr und besser informieren?

MB: Das öffentliche Interesse, ja die Neugier in solchen Angelegenheiten sind naturgemäss gross. Das verstehen wir. Aber das Öffentlichkeitsprinzip hat auch Grenzen: A) Erblasser und Begünstigte haben ein Anrecht auf Privatsphäre. Stellen Sie sich vor, die Erbangelegenheit Ihrer Familie wird publiziert und kommuniziert. B) Der Gemeinderat hat sich in dieser Sache, insbesondere auch in der Frage, was darf und was muss publiziert werden, rechtlich beraten lassen.

Ursula von Burg Markus Baenziger Rücktritt Grob (15)

«Um eine Abrechnung geht es
überhaupt nicht. Allerdings
ging es um eine politische
Beurteilung der Kommunikation
und des Verhaltens unseres
Gemeindepräsidenten».

Ganz wichtig aber: Der Gemeinderat hat unverzüglich gehandelt und eine Administrativuntersuchung in Auftrag gegeben sowie Anzeige an die Stiftungsaufsicht erstattet. Damit ist die Klärung der Abläufe und Vorgänge nun in unabhängigen, externen Händen. Sobald die Berichte vorliegen – und wir setzen viel Druck auf, dass dies rasch der Fall ist – wird der Gemeinderat informieren. Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Gemeinderat ist dem berechtigten und wichtigen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit nachgekommen, hat aber gleichzeitig auch die in einem Rechtsstaat wichtige Privatsphäre der Betroffenen nach Gesetz zu respektieren. Mit der Klärung und Beurteilung der Vorgänge haben wir Profis beauftragt.

Durch das gleichzeitige Ausscheiden von Walter Grob und Gemeindeschreiber Roger Böni entsteht ein grosser Knowhow-Verlust. Wie bewältigen Sie diese Situation?

UvB: Walter Grob ist noch bis Ende Mai im Amt. Er arbeitet vor allem im Hintergrund, bearbeitet laufende Dossiers und regelt die Übergabe. Im Moment leite ich in meiner Funktion als Vizepräsidentin die Gemeinderatssitzungen und nehme Termine des Gemeindepräsidenten wahr. Weitere Aufgaben und Verantwortungen werden im Gemeinderat aufgeteilt. Anlässlich der nächsten Bürositzung wird ein Mitglied ins Büro des Gemeinderates gewählt und nimmt zusammen mit mir die Führung wahr.

Wir arbeiten nun u.a. intensiv an Szenarien für eine möglichst reibungslose Übergangsregelung in allen Führungsangelegenheiten des Gemeindepräsidiums. Der Gemeinderat prüft an den nächsten Sitzungen verschiedene Szenarien, in die auch die neuen Mitglieder des Gemeinderates einbezogen werden.

Dass der Gemeindeschreiber sich entschieden hat, Teufen zu verlassen, ist in der jetzigen Situation natürlich ungünstig. Wir werden in der Tat einen grossen Know-how-Verlust zu bewältigen haben. Wir haben aber gute Bewerbungen erhalten und sind zuversichtlich, sehr bald einen neuen Gemeindeschreiber wählen zu können. Zudem wird uns in der Übergangszeit ein erfahrener Verwaltungsprofi zur Seite stehen.

Wie wollen Sie das angespannte Verhältnis mit der GPK wieder verbessern?

UvB: Es ist ein wichtiges Ziel, dass GPK und Gemeinderat einen guten Start ins neue Amtsjahr finden. Schon Anfang Juni findet ein gemeinsamer Kickoff statt mit allen bisherigen und neuen Gemeinderäten und der neu zusammengesetzten GPK.

MB: Auf der Sachebene werden wir die Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und GPK den in grösseren Körperschaften und Unternehmen zwischen Unternehmensführung und Revisionsstelle heute üblichen Prozessen und Praktiken anpassen. Dazu gehört u.a. die vorgängige generelle Regelung der Informationsflüsse zwischen GPK und Gemeinderat, Kommissionen und Verwaltung. Jederzeitige, vollständige Akteneinsicht für die GPK ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Im Weiteren werden die Abläufe der Prüfungstätigkeiten vorgängig geklärt, so dass auf beiden Seiten keine Missverständnisse auftreten. Wir sind hier sehr zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird.

Im Zusammenhang mit dem Schiesssportzentrum und dem Entschädigungsreglement sind viele Ungereimtheiten aufgetreten und in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Was ist anders zu lösen?

MB: Kurzfristig sind drei Massnahmen notwendig: A) Gemeinderatsentscheidungen mit grosser Wirkung müssen bereits im Gemeinderat breiter abgestützt werden. Gute Entscheide müssen erarbeitet werden. Dafür braucht es teilweise bessere Vorbereitungen und wie in Parlamenten auch üblich vermehrt mehrere Lesungen zu einem Geschäft. Nur so können sich bei schwerwiegenden und komplexen Geschäften alle Gemeinderäte ein umfassendes Bild machen und so bessere Entscheide fällen. B) Dies bedingt auch höhere Qualitätsanforderungen an die an den Gemeinderat überwiesenen Geschäfte. C) Die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind zu verbessern: Klarer, schneller, offensiver.

Was sind die anstehenden Herausforderungen?

UvB: Wir haben einige grosse Projekte zu stemmen wie z.B. Ortsdurchfahrt und Sek-Schulhaus. Es braucht aber auch ein Überdenken der Strukturen. Eine Verwaltungs-Reorganisation ist in diesen Tagen am Anlaufen. Weiter muss die Gemeindeordnung revidiert werden, und bei dieser Arbeit sollen die Strukturen der Gemeindeführung überprüft und allenfalls angepasst werden.

Wann wird gewählt?

Die Parteien wurden zu einer Stellungnahme zu möglichen Wahlterminen im Herbst eingeladen. Sie haben bis zum 10. Mai Zeit, sich zu äussern, wieviel Zeit sie für die Kandidatensuche brauchen. Aufgrund der Rückmeldungen wird der GR an der Sitzung vom 17. Mai den Fahrplan festlegen.

Die Fragen stellte Erich Gmünder

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