Erich Gmünder
Ein muslimischer Geistlicher war am Bettag, 18. September Gast an der Kanzel der katholischen Kirche im Stofel und gestaltete den Bettagsgottesdienst mit, der vom Männerchor Tobel musikalisch umrahmt wurde. Baba Mumim Lama vom Bektashi-Orden im Kosovo stellte sich den Fragen von Diakon Stefan Staub.
Mit seinem prächtigen Bart könnte er glatt als Nikolaus durchgehen. Hinter den Brillengläsern blicken einem wache Augen entgegen.
Baba Mumim Lama, Leiter eines islamischen Ordens im Kosovo, den Stefan Staub im Rahmen seiner Einsätze als Armeeseelsorger bei den KFOR-Soldaten kennen gelernt hatte, strahlt jene Liebe und Güte aus, welche die Kinder mit dem Nikolaus verbinden.
Und den gleichen Eindruck erhielt man auch, wenn er davon sprach, dass die Menschen aller Religionen den gleichen Gott anbeten. Er machte auch klar, dass es nicht den einen Islam gibt, sondern dass dieser von Nation und Tradition stark geprägt ist.
Verschleierung von Frauen sei im Kosovo kein Thema, aber, wie er im Kanzelgespräch betonte, auch im Koran nicht vorgeschrieben, sondern entspreche der jeweiligen Tradition. Klar distanzierte er sich auf die Frage von Stefan Staub von jeglicher Gewaltanwendung der radikalen Strömungen des Islam im Namen Allahs: „Gott hat niemanden das Recht gegeben, sich selber oder andere zu töten.“
Statt der Kommunion brach er am Altar zusammen mit Stefan Staub zwei Fladenbrote und verteilte sie am Schluss des Gottesdienstes an die Besucher.
Als Zeichen des Friedens wurden die Gläubigen aufgefordert, ein Lichtlein auf die rot-weisse Schweizer Fahne zu legen, die vorne am Altar ausgebreitet wurde.
Der Ordensgeistliche bedankte sich am Schluss für die Gastfreundschaft und gestand, dass er erstmals in seinem 70-jährigen Leben den Kosovo für ein paar Tage verlassen habe: „Mein Freund Stefan hat den Bären aus seiner Höhle gelockt“, sagte er und brachte damit alle zum Schmunzeln.
Baba Mumim Lama hatte nicht nur seine Lebenserfahrung und seinen Humor mitgebracht, sondern auch einen Schnaps aus dem Kosovo.
Im Gegenzug bekam er von Stefan Staub ein Päckchen Krumme (Baba Mumim sei ein Kettenraucher, verriet Stefan Staub), Schokolode und eine leicht alkoholhaltige Medizin aus Appenzell – gemeint war nicht Alpenbitter, den erhielt sein Dolmetscher – : Kraftessenz aus dem Kloster Wonnenstein, dem er zusammen mit Stefan Staub am Vortag die Aufwartung gemacht hatte.
Vor der Kirche verteilte der Sufi-Geistliche den Besuchern das zuvor gebrochene Brot und bei Klängen einer afrikanischen Trommel sowie einem spontanen Ständchen des Männerchors ging die interreligiöse Begegnung beim Apéro mit Süssmost und Gebäcken zu Ende.
Islam und Christentum umarmen sich
