Jürg Rohr: «… das Sehen geht weiter»

05.12.2013 | Sepp Zurmühle
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Jürg Rohr vor Bildentwürfen in seinem Atelier. Diese haben keinen Bezug zum Neujahrsblatt. Foto: SZ

 

Sepp Zurmühle

Die Lesegesellschaft unter Leitung von Daniel Ehrenzeller erteilte den Auftrag zur Gestaltung des Neujahrsblattes an Jürg Rohr aus Teufen. Auf Wunsch des Vorstandes wird das Bild erstmals nicht vorgängig in der Tüüfner Poscht abgebildet. 

Vor vier Jahren, beim Radfahren durchs Appenzellerland, begegnete Jürg Rohr seinem heutigen Zuhause und Atelier am Wettersbüelweg 27. Durch diesen Zufall wohnen seine Frau und er seit 2010 in unserem Dorf.

Das ehemalige Bauernhaus aus Holz steht leicht oberhalb des Dorfkerns mit Blick auf den Alpstein. In den letzten beiden Jahren haben sie es liebevoll und substanzerhaltend renovieren lassen. Den mitwirkenden Handwerkern aus Teufen stellt die Bauherrschaft ein sehr gutes Zeugnis aus.

Im Mittelteil, dem grossen, einstmaligen Stickereiraum, befindet sich das Atelier. Der Raum ist hoch, das Licht dringt von vorne und hinten ein. Einzelne Bilder hängen an den Wänden und stehen auf dem Boden. Im Holzofen brennt kein Feuer.

Jürg Rohr, geboren 1962, aufgewachsen im Rheintal, war zuvor als Sekundarlehrer tätig. 1992 schloss er ein Zeichnungslehrerstudium ab und arbeitet seither, in einem 50 bis 80%-Pensum, in seinem neuen Beruf an der Kantonsschule am Burggraben in St.Gallen.

Eigene Spielregeln als Ausgangslage

Der Künstler schätzt es ausserordentlich, dass er von der Lesegesellschaft keinerlei Auflagen erhielt, ausser dass es ein Bild sein sollte, das mittels Lithographie vervielfältigt werden kann.

Jürg Rohr interpretierte diesen grossen Spielraum als Einladung zum Experiment. Am Anfang standen vage Vorstellungen aufgrund eines vor zwei Jahren entstandenen Arbeitsbildes. Anhand von drei selber festgelegten Spielregeln ging der Künstler ans Werk – «auf den Weg» – wie er selber meint.

Das Vorhaben sollte experimentellen Charakter haben, auf der Maltechnik «Pinselspur» basieren und durch schnelles, zügiges Arbeiten umgesetzt werden. Dabei müsse genügend Spielraum bleiben, um jeweils selber überrascht sein zu können.

Unter Einhaltung obiger Spielregeln entstand an mehreren Arbeitstagen, durch Üben, Erkunden, dem Lust- und Intuitionsprinzip folgend, eine Vielzahl Entwürfe. Breite Pinsel und wenig Farbe hinterlassen unregelmässig parallele «Spuren» einzelner Haare. Durch verschiedene Farben, Pinselgrössen und Formen werden unterschiedliche Effekte und Ausdrücke sichtbar.

Jürg Rohr spricht im Zusammenhang mit der Entscheidfindung auch von «Ablenkungen» auf dem Weg zum angestrebten, unklar definierten Ergebnis.

Gestaltung als Forschungsbereich

Jürg Rohr ist ein vielfältiger Künstler. Eigensinnige Textarbeiten, Fotos und Videos oder Bastel- und Bautätigkeiten gehören genauso zu seinen Ausdrucks- und Gestaltungformen wie Malen, Zeichnen, Übermalen … Zentrale Themen Rohrs befassen sich mit Spannungsbereichen und Polaritäten wie Erinnern, Bewahren versus Vergessen, Verlieren, Erscheinen – Verschwinden, Ordnung – Unordnung, Präzision – Fehlerhaftigkeit…

«Ausgangslage ist die Schaffenskraft der Menschen. So wie sie etwa Musik ‹erfinden›, können sie Bilder und dreidimensionale Objekte erschaffen. Dabei ist die Vielfalt schier unermesslich. Neue Bildwelten werden erschlossen, neue Sehgewohnheiten herausgefordert und überall verbleibt weiteres Potential für Überraschungen.»

Jürg Rohr hat wenig Interesse an Gegenständlichem oder «Schönem». Er versteht sein künstlerisches Engagement als Forschung. Diese beantwortet Fragen und wirft neue auf. So kann er sich Themen «annähern», ohne sie je ganz zu begreifen.

Die Spannung wird aufrechterhalten. Durch die Zusammenarbeit mit Urs Graf, Druckwerkstatt Speicher, veränderte sich der Ausdruck als Lithographie erneut; er gewann an Weichheit.

Als Zusammenfassung zu seinem Neujahrsbild 2014 meint Jürg Rohr auffordernd: «das Sehen geht weiter …» In diesem Sinne freuen sich die Lesegesellschaft und der Künstler darauf, das Bild vor vielen Interessierten in der Bibliothek zu enthüllen und die Aus(einander)setzung – das Experiment – fortzusetzen.

Weitere Angaben zum Künstler unter: www.kuenstlerarchiv.ch/juergrohr

Präsentation in der Bibliothek

Am Samstag, 7. Dezember, um 11.00 Uhr wird der Künstler das Neujahrsblatt 2014 in der Gemeindebibliothek «enthüllen». Ein Neujahrsblatt kostet wie gewohnt 100 Franken. 

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