Am richtigen Standort

30.06.2023 | Sepp Zurmühle
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Der zweite Info-Anlass zur Windkraft im Lindensaal war erneut gut besucht. Fotos: sz

Sepp Zurmühle

Der Verein Pro Landschaft AR/AI lud zur «sachlichen Information» betreffend Windkraftanlagen im Kanton ein. An diesem 29. Juni ist der Lindensaal zum gleichen Thema innerhalb von sieben Tagen ein zweites Mal gut besucht. Die kritische Grundhaltung des Vereins gegenüber regionalen Windanlagen ist bekannt. Entgegen allfälligen Befürchtungen erfahren die Anwesenden viel fundiertes und transparentes Faktenwissen.

Bereits eine Woche zuvor informierte die Vereinigung Appenzeller Energie im Lindensaal über mögliche Windkraftanlagen (WKA) im Kanton. Die TP hat darüber berichtet.

Der Verein Pro Landschaft AR/AI wurde 2016 gegründet und zählt gegenwärtig 350 Mitglieder. Präsident ist Dino Duelli aus Wald AR. Seit 2023 gibt es auch eine Gruppe Teufen, in der sich unter anderem Manfred Kirsch und Marcus Fleuti engagieren. Miriam Schoch begrüsst das Publikum und stellt die drei Referenten jeweils kurz vor.

Manfred Kirsch aus Teufen setzt sich mit der Frage auseinander, ob und wie gut sich Teufen als Windparkgebiet eignet. Er zeigt Visualisierungen mit Ansichten aus unterschiedlichen Standorten (Dorf, Vorderhaus, Speicher, St. Gallen) und fragt sich, wieso gerade Teufen eine hohe Priorität in den Absichten des Kantons erhalten hat?

Marcus Fleuti aus Niederteufen gibt allgemeines Hintergrundwissen weiter bezüglich Elektrizitätsversorgung in der Schweiz und dem Einfluss der Windenergie. Am Beispiel der Windkraftanlage Haldenstein zeigt er, dass die «effektiv geerntete Energiemenge» in Gebieten mit schwächerem Wind unter 20 Prozent des effektiven Potentials liegt. «In der Schweiz liegt die Stromproduktion bei rund 63’500 GWh/a. Würden die vom Kanton projektierten 50 GWh/a realisiert, entsprächen diese lediglich 0.08 Prozent der gesamtschweizerischen Produktion. Welchen Preis wären wir bereit dafür zu bezahlen, lautet die Frage.»

Vereinspräsident Dino Duelli behandelt anhand einer umfassenden und anschaulichen Präsentation die wesentlichen Kernaspekte von Windkraft und stellt immer wieder den lokalen Bezug her. Die ganze Präsentation – mit vielen technischen Hintergrundinformationen – kann auf der Homepage des Vereins Pro Landschaft AR/AI aufgerufen werden (www.pro-landschaft-arai.ch).

«Windenergie ist eine gute und nachhaltige Energie, wenn der Standort stimmt und die negativen Aspekte nicht überwiegen. Unsere Region und weite Teile der Schweiz sind für Windkraftanlagen ungeeignet.» So könnte die Kurzzusammenfassung der gut argumentierten Erläuterungen lauten.

Dem Referenten ist es wichtig, dass sich die Bevölkerung mit der Windkraft fundiert auseinandersetzt und sich auch politisch einbringt, im Speziellen ab Herbst 2023 in der Vernehmlassung der Richtplanung. «Letztlich wird der Kanton entscheiden und nicht die Bevölkerung.»

Duelli zeigt die Windkarte Europas und diejenige der Schweiz. Gut zu erkennen sind die Starkwindgebiete im ganzen Nordgürtel und wie gering im Vergleich die Windmengen in der Schweiz sind. Er weist auf eine Studie der ETH vom März 2023 hin die zeigt, dass auf 760 Windanlagen (für die Zielmenge von 4.3 TWh/a) bei optimaler Platzierung rund 200 Anlagen eingespart werden könnten. «Kein einziger dieser ‘guten Standorte’ liegt in den beiden Kantonen Appenzell.»

Würden in der Schweiz 700 bis 1000 Windkraftanlagen gebaut, läge deren Beitrag zum gesamten Stromverbrauch erst bei 5 Prozent.

Duelli beleuchtet ausgiebig die Vor- und Nachteile von Windkraftanlagen, speziell bezogen auf die Schweiz und unsere Region. Seiner Auffassung nach überwiegen die Nachteile klar, speziell die einhergehenden, grossflächigen Landschaftsveränderungen in sensiblen Gebieten mit Hügeln und Kreten sowie die damit verbundenen Verluste an wertvollen Naherholungsgebieten, «sobald auch diese industrialisiert werden».

Auch die in Schweizer Kantonen oft gehandhabten Mindestabstände von WKA zu Siedlungen liegen mit rund 250 bis 300 m weit unter denjenigen im Ausland (700 m in Baden-Württemberg, 1200 m in Österreich) Ein wesentlicher Teil der Argumentation basiert zudem auf den enormen Dimensionen der Anlagen (240 m Höhe, Tendenz steigend), und den grossen Mengen an Erdbewegungen und Rodungen im Zusammenhang mit der Erschliessung und den wuchtigen Fundamenten aus Beton. Die Rede ist von 16’000 Tonnen und 1000 bis 2000 LKW-Fahrten pro Windrad. Wer denkt zudem daran, dass die Windräder und Zufahrtstrassen im Winter schnee- und eisfrei gehalten werden müssen und dass diese in der Nacht beleuchtet sind (Lichtverschmutzung).

«Unser Kanton ist dichter besiedelt als der Durchschnitt der Schweiz. Alles ist kleinräumig und oft nah an Wohngebieten. Massive Konflikte zwischen Energieerzeugung und Lebensqualität sind die Folge und letztlich würde die Standortqualität sinken. Wir setzen uns dafür ein, dass die hohe Wertschätzung und der Schutz der Landschaft nicht für einen geringen Gewinn an Energie verloren gehen.»

Zum Schluss räumt Duelli auf mit einigen «Windkraftmythen». Gleichzeitig anerkennt er, dass Anstrengungen im Bereich von Energie und Nachhaltigkeit dringend sind. Als Alternativen sieht Duelli in erster Linie das grosse Potential von weiteren Photovoltaikanlagen, die viel einfacher als Windanlagen sogar auf alpinen Freiflächen installiert werden können. «Doch vor allen anderen Anstrengungen kommen die Einsparungen beim Verbrauch, im Besondern durch die Sanierung der überalterten Bausubstanz im Kanton.» Daneben sieht Duelli die Biomasse, den Wasserstoff und die Geothermie als Energiequellen mit Potential.

Am Schluss leitet Ehefrau und Kantonsrätin, Fabienne Duelli, die kurze Diskussion.

Warum werden vertikale Windanlagen im Kanton nicht bewilligt? Wie soll die Stromlücke geschlossen werden ohne Windkraft im Winter? Welche direkten und indirekten Auswirkungen haben WKA auf Tiere und Menschen? Wie können der Bodensee und andere Gewässer als Energiequellen besser genutzt werden? Haben wir in unserem Kanton eine «Energieexperten-Gruppe», die sich mit all diesen Fragen auseinandersetzt?

Schlussappel: Die Mitgliedschaft im Verein ist kostenlos und anonym. Mitglieder erhalten periodisch aktuelle Informationen per Mail zugesandt.

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