Die «Batterie 2.0»aus der Schweiz?

31.03.2022 | Timo Züst
Thomas
Von aussen ganz unscheinbar: COO Thomas Lützenrath zeigt einen Prototypen der Feststoffakkus, die im Thurgau produziert werden sollen. Diesen März wurde mit der Swiss Clean Battery AG der Grundstein für die erste Gigafactory für reine Feststoffakkus in der Ostschweiz gelegt. Die erste Produktionshalle soll bei Frauenfeld entstehen. Das Unternehmen wird aber aus Teufen geführt: CEO Roland Jung und COO Thomas Lützenrath wohnen hier. Die TP hat den beiden die 10 wichtigsten Fragen über Feststoffakkus, Geld und die Zukunft unserer Energiespeicher gestellt. Hinweis: Mehr zum Thema lesen Sie im ausführlichen Interview in der TP vom vergangenen Sommer (Seite 16) Was ist eigentlich ein Feststoffakku? Anders als Lithium-Ionen Akkus mit flüssigem Elektrolyt hat ein Feststoffakku einen festen Elektrolyten-Kern, sozusagen einen festen Inhalt der Batterie. Feststoffakkus gelten als Nachfolgetechnologie der herkömmlichen Lithium-Ionen Akkus. Weltweit wird intensiv daran geforscht – nun geht die Schweiz mit dieser Technologie als erstes Land in die Serienproduktion. Der Feststoffakku der SCB AG ist langlebig, unbrennbar und 50 % besser in der Umweltbilanz als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus. Warum braucht es diese Technologie? Wofür können diese Akkus eingesetzt werden? Lithium-Ionen-Akkus «altern», sie verlieren beim Laden kontinuierlich an Leistung und haben schnell ihr Lebensende erreicht. Ferner sind sie brennbar und es werden kritische Rohstoffe eingesetzt – seltene Erden etc.. Damit erzeugen wir heute schon grosse Müllberge, die später aufwendig recycelt werden müssen. Lithium-Ionen-Akkus altern umso schneller, je mehr sie «gestresst», also beansprucht werden. Unserem Akku macht Stress nichts aus, da er aufgrund der anderen Chemie nahezu nicht altert. Es gibt ca. 40 Einsatzgebiete, bspw. Stromspeicher für die Netzstabilisierung, Stromspeicher für Industrie und Privathaushalte, Zwischenspeichern von Strom für Elektroladestationen, aber auch Automobile, Schiffe, E-Bikes. Stationäre und mobile Anwendungen eben. Das klingt auch nach Zukunftsvision. Sind Feststoffakkus denn schon produktionsreif? Generell erwartet die Fachwelt, dass Feststoffakkus in 5 bis 10 Jahren in Serie produziert werden. Wir haben jedoch einige zentrale Fragestellungen schneller gelöst. Beispielsweise den Übergang der Ionen an den Materialgrenze. Das kann insbesondere beim Zusammensetzen der Akkus aus Modulen eine Herausforderung sein. Bei uns entsteht der Feststoffleiter jedoch innerhalb der Zelle selbst, ähnlich einem Zweikomponentenkleber. Daher haben wir dieses Problem nicht. Wo will die Swiss Clean Battery AG produzieren? Muss dort erst gebaut werden? Und liegen die Bewilligungen schon vor? Die SCB AG wurde im März im Kanton Thurgau in Frauenfeld gegründet. Wir sind im Rahmen unserer Standortsuche mit der Wirtschaftsförderung Thurgau in Kontakt getreten, die uns bei der Suche nach geeigneten Immobilien unterstützt hat. Ein passendes Angebot wurde schnell identifiziert. Ferner stehen wir mit den zuständigen Behörden in Kontakt, können aber selbst keine Auskunft zu den Verfahren geben. Wie gross ist das Investitionsvolumen und woher kommt das nötige Geld? Die erste Ausbaustufe 1,2 GWH benötigt 246 Mio. Franken Investitionssumme allein für den Maschinenpark. Damit sollen dann 318 Mio. Franken Umsatz generiert und 181 Mitarbeitende beschäftigt werden. Ferner ist ein Börsengang für den Oktober diesen Jahres geplant. Danach erfolgt der nächste Ausbau auf 7,6 GWH mit weiteren 2 Mia. Franken Umsatz, 775 Mio. Franken Investitionsvolumen und 1061 Mitarbeitenden. Wie lange wird die Bauphase dauern? Anders gesagt: Wann rollen die ersten Batterien «vom Band»? Das liegt ja nicht an uns. Wir sind nicht Herr des Verfahrens. Aber um eine Vorstellung von dem Zeithorizont zu geben: Die Lieferzeiten bei den Maschinenbauern betragen so ca. 12 Monate. Dann erfolgt ein sukzessiver Aufbau der Maschinen in der Halle. Wenn es also allein nach uns ginge, würden in ca. 18 Monaten Batterien vom Band laufen. Das wäre Mitte bis Ende 2024. Wie viele Akkus sollen in dieser Fabrik produziert werden? In der Ausbaustufe auf 1,2 GWH werden es 7,2 Millionen Batteriezellen pro Jahr sein. Eine 8 GWH-Anlage produziert ungefähr 48 Millionen Batteriezellen im Jahr. Mit der nächsten Ausbaustufe kommen wir in die Nähe dieser Zahl. Der weltweite Bedarf ist aber ein Vielfaches davon. Apropos Welt: Überall forschen «die Grossen» nach besseren Akku-Technologien (Toyota, Tesla etc.). Ist da die Konkurrenz nicht riesig? Die Vulkanisation von Kautschuk wurde auch von einer Person erfunden: Herr Goodyear. Damit schuf er die Grundlage für die Reifenindustrie. Es ist eine Frage der Innovation und der Lösung eines Problems. Unsere Chemiker haben erforscht, warum Akkus schneller altern und die Leistung abnimmt. Das Alterungsproblem haben wir an der chemischen Wurzel gelöst. Aber klar: Generell wird es später bestimmt verschiedene Akkutechnologien und Feststoffakkus geben. So ähnlich wie bei Betriebssystemen für Computer und Mobiltelefone. Alle Typen werden für bestimme Anwendungsfälle Vor- und auch Nachteile haben. Wir kennen aber derzeit keinen Feststoffakku, der an unsere spezielle Kombination der Eigenschaften heranreicht. CEO und COO wohnen in Teufen: Warum wird die Fabrik nicht hier oder wenigstens in Appenzell Ausserrhoden gebaut? Wir mussten lernen, dass es selten grosse Industrieflächen gibt. Für die 1,2 GWH Stufe benötigen wir alleine 20’000 Quadratmeter Produktionsfläche. Für die 7,6 GHW Ausbaustufe dann grob überschlagen 100’000 Quadratmeter. Wobei natürlich nicht alles an einem Standort gebaut werden muss. Ferner ist Herr Roland Jung Träger der goldenen Ehrennadel von Frauenfeld. Da schliesst sich der Kreis wieder. Wir sind dennoch sehr froh, dass es die Ostschweiz geworden ist. Ist diese erste Fabrik bloss der Anfang? Wo sehen Sie die Swiss Clean Battery AG in 10 Jahren? Die Produktion ist erst der Anfang: Und 7,6 GWH ist eine kleine Gigafactory. Es gibt auch welche mit 60 GWH auf dem Weltmarkt. Alles immer eine Frage der benötigten Investitionssummen. Skalierbar ist das Modell aber in jedem Falle. Die SCB AG hat aber nicht nur die Produktionslizenz, sondern auch die exklusive Lizenz zum Bau und der Vermarktung von Stromspeichern in der ganzen Schweiz. Wir sagen immer: «Speichern kostet kein Geld, speichern bringt Geld». Wir können vorrechnen, dass Stromspeicher, die im Gesamtsystem eingebunden sind (Solar, Speicher, E-Ladestationen etc.) profitabel sind! Durch Senkung der Stromspitzen, also des Strompreises, des Netzentgeldes und der Drittvermarktung, da die meisten Speicher grosse Leerkapazitäten haben. Dieses Feld bauen wir in den nächsten Monaten auf, müssen aber vorerst Lithium-Ionen-Speicher einbauen, bis unsere Eigenproduktion steht.  tiz
Die Köpfe hinter dem Innovationsprojekt: CFO Peter Koch, CEO Roland Jung und COO Thomas Lützenrath (v.l.n.r.).

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