Ein bisschen Schule

28.03.2022 | Timo Züst
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Die Kinder im Primarschulalter werden in Niederteufen betreut.

Wichtig ist die Struktur: Ab heute gehen die ukrainischen Kinder und Jugendlichen jeden Tag «zur Schule». Eine offizielle Einschulung ist das aber nicht. Das Angebot ist Teil des Betreuungsprogramms für die Flüchtlinge. Realisiert wurde es dank der Flexibilität der beteiligten Freiwilligen und Lehrpersonen.

An der Tür hängt ein kleines Plakat. Es wurde von Hand bemalt; mit den ukrainischen Farben, einer Friedenstaube, einigen Blumen und einem Willkommensgruss auf Deutsch und Ukrainisch. Es klebt an der Tür des Roten Schulhauses in Niederteufen. Hier, im Bastelraum im UG, werden heute elf Kinder im Primarschulalter beschult. Sie kamen vor drei Wochen mit den beiden Rettungscars nach Teufen bzw. ins Rotbachtal. «Den Raum konnten wir glücklicherweise kurzfristig zur Verfügung stellen. Die anderen Klassen basteln jetzt einfach in ihren jeweiligen Schulzimmern, das klappt gut», sagt Schulleiterin Janine Haltiner-Bächtiger. Die grössere Herausforderung ist das Personal. «In dem Alter lernen sie zwar sehr schnell. Trotzdem ist die Sprachbarriere am Anfang ein Problem.» Die Lösung: Ina Ecknauer. Die Ukrainerin lebt seit zwei Jahren in der Schweiz. Davor hat sie in Kiew als Primarlehrerin gearbeitet – nun unterrichtet sie wieder auf Ukrainisch. «In erster Linie geht es darum, den Kindern eine gewisse Struktur zu geben. Deshalb kommen sie fünf Tage pro Woche. Auch während der Frühlingsferien», sagt sie.

Auf ihrem Schreibtisch im Schulzimmer liegen die kurzfristig besorgten Unterrichtsmaterialien: Deutsch-Ukrainische Lernkärtchen, Arbeitsblätter für einfache Mathematik, Geographie oder Sprachverständnis. «Einen Lehrplan haben wir noch nicht. Wir sehen jetzt mal, was möglich ist.» Sie wird dabei von der Schule und der Gemeinde so gut wie möglich unterstützt. An diesem Vormittag ist sie auch nicht allein mit den elf Kindern: Michèle Butz führt die Gruppe durchs Schulgelände. Sie ist Klassenlehrerin hier in Niederteufen und hat sich wie einige ihrer Kolleginnen bereiterklärt, mit den Kindern zweimal pro Woche Deutsch zu lernen. Und der erste Eindruck ist sehr gut: «Sie bringen eine tolle Energie mit und wirken motiviert. Aber natürlich ist jetzt erstmal noch alles sehr neu.»

Ein lebendiger Sprachkurs

Die Gäste im Sekundarschulalter lernen ebenfalls bereits Deutsch: Heute Vormittag wurden sie im Kirchgemeindehaus Hörli von Maya Leu und Werner Schweizer betreut. «Wir nutzen die Wycliffe-Methode. Dazu ist keine Mittels-Sprache nötig», erklärt Maya Leu. Sie hat bereits vielen Flüchtlingen Deutsch beigebracht und kann diese Erfahrung nun hier einbringen. Die Zusammenarbeit mit Werner Schweizer ist dafür ein grosser Vorteil. «Diese Methode beruht auf der praktischen Anwendung der Sprache. Wir zeigen oft etwas vor oder sprechen einen Dialog. Das ist zu zweit deutlich einfacher als allein bzw. mit einer Puppe.» Und haben die Jugendlichen Lust auf Deutsch? «Sie sind sehr motiviert und man spürt, dass sie sich über das Angebot freuen», sagt Werner Schweizer. Auch hier im «Hörli» geht es aber nicht nur um Deutsch: Um 10:30 Uhr übernehmen Irina Pryimachuk und Armin Loop die zehn Jugendlichen. Sie ist selbst eine der Geflüchteten und lebt seit drei Wochen hier in Teufen bei einer Gastfamilie – in der Ukraine war sie Sekundarlehrerin. Er war ebenfalls Lehrer, bis er vor sieben Jahren pensioniert wurde: «Wie der Unterricht hier ablaufen wird, weiss ich jetzt noch nicht genau. Wir sehen uns heute zum ersten Mal.» Klar ist: Auch hier soll fünfmal pro Woche «Schule» gemacht werden. Mindestens während der nächsten vier Wochen.

Wie sich die Betreuung im Rahmen der Schule – und ausserhalb – weiterentwickelt, unterliegt einer rollenden Planung. Insbesondere bei den jüngeren Kindern könnte eine Integration in die Regelklassen bald ein Thema sein. «Natürlich wäre es am besten, wenn die Kinder schon bald in die ‘normalen’ Klassen integriert werden könnten. Aber wann das der Fall sein wird, wissen wir heute noch nicht», sagt Schulleiterin Janine Haltiner-Bächtiger.  tiz

Warten auf Klarheit


Die Ukraine-Taskforce der Gemeinde tauscht sich regelmässig mit den Initianten der Rettungsaktion aus. Man hilft, wo man kann. Foto: zVg

«Mir bleibt, allen Beteiligten, Helfende, Gastfamilien, Lehrpersonal, und, und, und für ihren grossen Einsatz zu danken», sagt Gemeindepräsident Reto Altherr. Die Gemeinde unterstützt die Teufner Rettungsaktion, wo sie kann – sowohl organisatorisch als auch finanziell. Aber: Sie muss sich bei ihrem Engagement auch nach Kanton und Bund richten. «Die Registrierung der Flüchtlinge bzw. die Erteilung des ‘S-Status’ wird vieles vereinfachen. Dann werden wir mehr Klarheit haben, was Versicherungen, finanzielle Mittel etc. betrifft», so Altherr. Darauf warten auch Diakon Stefan Staub und Kirchgemeindepräsidentin Marion Schmidgall von der Rettungsaktion: «Wir haben bereits erste Anfragen wegen finanzieller Unterstützung von Gastfamilien. Noch befinden wir uns aber im luftleeren Raum: Wir haben kaum Anhaltspunkte. Wir sind deshalb froh um die Unterstützung der Gemeinde – auch in der Kommunikation mit dem Kanton.» Immerhin: Geld ist für den Moment genug vorhanden. Seit dem Start der Aktion sind rund 110’000 Franken an Spenden zusammengekommen – 10’000 Franken von der Gemeinde. Und: In den nächsten Tagen werden die Flüchtlinge nach Altstätten zur Registrierung im Asylzentrum gebracht. «Dann wissen wir sicher bald mehr.»

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