Heinz Oertli hat ein fruchtbares Unternehmen aus dem „Nichts“ aufgebaut. Foto: Margrith Walti
Margrith WaltiDas Haus von Heinz Oertli steht im Schwendibüel, viele ältere Bewohner von Teufen kennen es als «s’Huus vo de Bünt-Hex». Vierzig Jahre lang konnten Vreni und Heinz Oertli diesen wunderbaren Platz geniessen.
Heinz Oertli wurde 1930 in St. Gallen geboren. Sein Vater war Gärtner und Chauffeur eines nicht mehr berufstätigen Textilindustriellen an der Rosenbergstrasse. Im einfachen Gärtnerhaus erlebte er eine sehr schöne Kindheit. Da er keine Geschwister hatte, lernte er früh, allein zu sein und sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Das sollte ihm später Vieles erleichtern.
Bei der Firma Ulrich & Co, Arzt- und Spitalbedarf begann Heinz Oertli nach der Sekundarschule 1946 eine Lehre als Chirurgie-Instrumentenmacher. Ein Beruf, der ganz präzise und kreative Handarbeit erforderte. Das gefiel ihm sehr. Nach der Lehre fand er eine Stelle als Feinmechaniker bei der Firma Sodeco in Genf. Nach anderthalb Jahren zog es ihn aber zurück nach St. Gallen, wo er wieder in seiner Lehrfirma arbeitete.
Sein grösster Wunsch, sein eigener Herr und Meister zu sein, musste in die Tat umgesetzt werden. Der Anfang war schwer und das wenige Ersparte des vergangenen Jahres musste als Startkapital genügen. Ein einfaches Parterre-Lokal mit Fenster war das erste Domizil für die Firma «Heinz Oertli Werkstätte für chirurgische Instrumente» – Mietzins pro Monat 20.50 Franken. Im Leben von Heinz Oertli gab es zwei Persönlichkeiten, die seine Zukunft sehr stark beeinflussten. Auf der Suche nach Aufträgen erhielt er von Prof. A. Bangerter, Chefarzt der Augenklinik des Kantonsspitals St. Gallen einen kleinen «Testauftrag», ein erster richtiger Auftrag folgte. Das war der Anfang einer langjährigen und fruchtbaren Zusammenarbeit.
Eine zweite wichtige Begegnung war diejenige mit Prof. R. Klöti von der Universitätsklinik Zürich. Dank seinen Ideen konnten Instrumente und Geräte entwickelt werden, die Eingriffe im Augeninnern ermöglichten, was bisher unmöglich war. Der weltweite Kundenkreis wurde immer grösser. 1980 wurde die Einzelfirma in die «Oertli Instrumente AG» umgewandelt. Dank dieses ebenfalls langjährigen Austauschs wurden die Aufträge immer mehr und die kleine Firma wuchs schon bald zu einem ansehnlichen Betrieb mit 20 Angestellten.
Zusammen mit diesen Augenärzten konnten vorausschauende Ideen verwirklicht werden. Heinz Oertli war immer wieder gefordert, für neue Entwicklungen in der Augenchirurgie die nötigen Instrumente herzustellen – wobei der Qualitätsstandard dieser Produkte auf höchstem Niveau sein musste. In Berneck wurde 1989 eine neue Produktionsstätte in Betrieb genommen mit heute ca. 200 Angestellten. In Andres Bosshard hatte Heinz Oertli bereits einen äusserst kompetenten Nachfolger für seine Firma gefunden, der 1991 den Betrieb käuflich erwarb.
1979 hatten Vreni und Heinz Oertli geheiratet, Kinder hatten sie keine. Sie reisten zusammen an Ausstellungen, Kongresse und internationale Tagungen in ganz Europa und lernten viele verschiedene Länder kennen. In seiner neuen Freiheit wurde es Heinz Oertli nie langweilig. Nun hatte er endlich Zeit, seine Hobbys zu pflegen. Er fand unter anderem einen restaurationsbedürftigen MG PA Jahrgang 1934, den er von Grund auf neu aufbaute. Eine kleine Werkstatt im Keller seines Hauses machte es möglich, Teile zu reparieren oder sogar selbst neu herzustellen. Er genoss es auch immer sehr, in einer fröhlichen Runde bei einem feinen Essen oder bei einem Jass zusammen zu sitzen.
Er war nie der «wohlhabende Industrielle», sondern für alle ein bescheidener und herzlicher Freund und Nachbar. Leider wurde sein Sehvermögen wegen einer Makuladegeneration immer schlechter und da seine Frau Vreni 2021 verstorben ist, lebt er seit Ende des letzten Jahres im Lindenhügel in Teufen. Auf sein Lebenswerk kann er sehr stolz sein.
