Geschützte Sanierung

07.03.2022 | Timo Züst
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Seit bald zwei Monaten ist das Haus an der Gremmstrasse 7 in ein Gerüst gehüllt. Das Gebäude beheimatet die Ludothek und eine Wohnung. Das Haus im Besitz der Gemeinde befindet sich in der Ortsbildschutzzone – und ist ein eingetragenes Schutzobjekt. Was das für die Sanierung der Gebäudehülle bedeutet, erfährt die TP auf einem Baustellenrundgang.

Von aussen ist das Stück Blech momentan nicht zu sehen. Es wird vom Gerüst verdeckt. Aber auch sonst ist das kleine Vordach kaum ein Blickfänger: Es befindet sich auf der der Strasse abgewandten Seite, versteckt zwischen Haupthaus und Schopf. Ein unwichtiges Detail würde man meinen. Trotzdem fragt Martin Zoller, Leiter Hochbau: «Was denkst du? Normalerweise würde man das jetzt aus Kupfer machen. Und den Anschluss nicht mehr auf die Schindeln ‘draufpappen’, sondern einarbeiten.» Die Frage richtet sich an Pius Neuländner. Der Leiter Baubewilligungsbehörde ist für Martin Zoller und Bauleiter Sandro Meng (Gisel + Partner AG) ein wichtiger Ansprechpartner für die Fassaden- und Dachsanierung bei der Gremmstrasse 7. Denn dieses Haus im Gemeindebesitz ist nicht nur Teil der Ortsbildschutzzone, sondern auch ein eingetragenes Schutzobjekt. Das bedeutet: Dem Erscheinungsbild muss besonders Sorge getragen werden – dazu gehören auch verstecke Vordächer. «Das macht Sinn, Kupfer sollte passen. Der verfärbt sich mit der Zeit ja dunkel, das sieht dann wieder ähnlich aus», antwortet Pius Neuländner.

FAOT und Fenster

Mit den Bauarbeiten wurde kurz vor Weihnachten begonnen. Die Planung läuft allerdings schon deutlich länger. Auch das hat mit der historischen Bedeutung des Gebäudes zu tun. Pius Neuländner erklärt: «Bei Sanierungsarbeiten an einem Schutzobjekt bzw. einem Objekt in der Ortsbildschutzzone wird in Teufen das FAOT beigezogen. Dabei geht es insbesondere um die Frage: Was kann erhalten werden?» Die Abkürzung FAOT steht für das Fachgremium Architektur- und Ortsbildberatung. Aufgabe dieser Expertengruppe ist der Erhalt bzw. die Pflege des Teufner Ortsbilds. Wichtig dabei: Das FAOT hat eine beratende Funktion. Die eigentliche Bewilligung erteilt die Baubewilligungskommission. «Aber natürlich hat die Einschätzung des FAOT ein gewisses Gewicht. Sonst hätte dieses Gremium kaum einen Sinn», sagt Pius Neuländner. Deshalb auch sein Tipp für Private, die ein Schutzobjekt (auch ausserhalb der Ortsbildschutzzone) sanieren wollen: «Nehmen Sie frühzeitig Kontakt auf. So kann die Planung von Anfang an gut abgestimmt werden.»

Auch im Fall der Gremmstrasse 7 gewichtete das FAOT das Erscheinungsbild vor der Sanierung sehr hoch. Entsprechend sorgfältig musste die Material-Wahl und Gestaltungsfrage abgeklärt werden. «Die Herausforderung besteht darin, das Gebäude energetisch aufzuwerten bzw. für die nächsten Jahrzehnte auf Vordermann zu bringen und die Optik dabei zu erhalten», sagt Bauleiter Sandro Meng. Wichtigste Elemente beim Thema Dämmung: Fenster und Dach. Ersteres ist bereits erledigt – 36 neue Fenster wurden eingesetzt. Sie bestehen wie ihre Vorgänger aus Holz inkl. Sprossen, wurden aber mit einem Speziallack behandelt, der sie äusserst wetterbeständig macht. Zudem entsprechen sie den aktuellen energetischen Massstäben. «Es gibt nicht viele Firmen, die solche Fenster herstellen können. Wir haben Glück, mit der ‘Schmid Fenster Manufaktur’ eine davon in der Nähe zu haben», sagt Martin Zoller. Aber nicht alle Fenster-Teile werden ersetzt: Die «Vorfenster» im Erdgeschoss wie auch die hölzernen Läden bleiben erhalten. «Sie werden abgelaugt, defekte Teile ausgetauscht und neu lackiert.»

Eine Menge Schindeln

Die neue Fassade bzw. die neuen Schindeln werden von der Züst Bedachungen AG montiert. Bei diesem Objekt sind es für einmal runde und eckige Schindeln. Beide bestehen aus Fichte, die Rundschindeln sind allerdings deutlich kleiner – deshalb braucht es pro Quadratmeter auch 43 von ihnen. Bei den eckigen sind es bloss 24. «Insgesamt verbauen wir bei der Gremmstrasse 5280 eckige Schindeln auf rund 220 Quadratmeter und knapp 1300 Rundschindeln auf 30 Quadratmeter», sagt Geschäftsführer Marcel Züst.

Schindeln und Dach

Die Fassade der «Gremmstrasse 7» hat eine Eigenheit, die nur aufmerksamen Betrachtern auffällt. Beim Gerüst-Rundgang ist sie allerdings nicht zu übersehen: An zwei Ecken treffen runde auf eckige Schindeln aufeinander. Die der Strasse zugewandte Seite ist mit runden, die anderen drei sind mit eckigen Fichten-Schindeln überzogen. «Das war eine der Gestaltungsfragen: Machen wir das wieder so oder wird es einheitlich. Schliesslich kam man zum Schluss, dass man dieses Merkmal erhalten will», sagt Pius Neuländner. Wie bei solchen Objekten – Vergleich Sanierung Hechtremise – üblich, wurden während der Planung Probe-Strahlungen vorgenommen. «So konnten wir den Zustand des Schindelschirms beurteilen. Leider wurde rasch klar, dass er komplett ersetzt werden muss», so Martin Zoller. Auf der Rückseite des Gebäudes lassen sich die Resultate dieser Sondierungen noch begutachten: Ohne die dicke Farbschicht ist nur noch wenig vom Holz zu sehen. Die Schindeln erinnern eher an kleine Haarkämme. In einem ähnlich schlechten Zustand sind die Biberschwanz-Ziegel des alten Dachs. «Auch hier hat man anfangs über eine ‘Rettung’ nachgedacht. Beim genaueren Betrachten mussten wir aber feststellen, dass die Tonziegel definitiv ‘hinüber’ sind», so Bauleiter Sandro Meng. Immerhin: Die neuen Ziegel werden den alten nachempfunden und von Hand in der Schweiz gefertigt. Gleichzeitig wird das Dach – auf dem Estrichboden, das oberste Stockwerk ist kalt – neu gedämmt bzw. energetisch ebenfalls auf Vordermann gebracht.

Kosten vs. Gestaltung?

Bisher ist man trotz Corona im Zeitplan. Gut möglich, dass sich das Haus an der Gremmstrasse 7 bereits im Frühsommer in neuem Kleid präsentiert. «Das Farbkonzept orientiert sich stark am ‘Vorher-Zustand’. Aber eine genau Imitation ist natürlich nicht möglich», so Pius Neuländner. Und wie viel teurer ist denn nun so eine «denkmalwürdige» Sanierung? «Pauschal lässt sich das nicht sagen. Der Planungsaufwand ist sicher höher. Aber Erhalt kann auch günstiger als Ersatz sein.» Ins Budget der Gemeinde wurden für die Instandstellung der «Gremmstrasse 7» 500’000 Franken aufgenommen – und bis jetzt ist man auf Kurs.  tiz

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