Nadel zu Besuch

08.01.2021 | Timo Züst
Corona_Impfung (2)
Die 89-jährige Edith Kohler gehört zu den ersten, die im Haus Lindenhügel die Corona-Impfung erhält. Fotos: tiz

Mit dem neuen Jahr begann in Ausserrhoden auch die Impfkampagne gegen das Corona-Virus. Als erstes werden die Bewohnenden der Alters- und Pflegeheime geimpft. Gestern war Teufen an der Reihe. Die TP durfte bei den ersten Nadelstichen dabei sein.

«Warum nicht? Schliesslich gibt es jetzt ein Mittel.» Edith Kohler wohnt seit neun Jahren im Haus Lindenhügel. Im April wird sie 90 Jahre alt. Ihr gefällt es hier. Sie mag die Ruhe und die Möglichkeit, draussen spazieren zu können. Sie gehört zur ersten Fünfergruppe, denen an diesem Nachmittag die erste von zwei Dosen des Corona-Impfstoffs verabreicht wird. Er trägt den Namen «Comirnaty» und wurde von den beiden Pharma-Unternehmen Pfizer und BioNTech entwickelt. Am 19. Dezember 2020 erhielt der Impfstoff die Zulassung von «Swissmedic» – nun ist er in Teufen angekommen. Über Wirkung und mögliche Nebenwirkungen wird in der Schweiz intensiv diskutiert. Für Edith Kohler ist die Sache allerdings ganz einfach: «Ich lasse mich ja auch jedes Jahr gegen die Grippe impfen. Ich vertraue auf den Rat meines Arztes. Warum soll ich damit jetzt plötzlich aufhören?» Ihre Meinung teilen fast alle Bewohnerinnen und Bewohner der Alters- und Pflegeheime Teufen. Laut Gesamtleiterin Ursina Moser haben heute 93 Prozent von ihnen auf eigenen Wunsch den Arm hingehalten. «Wir haben bewusst auf eine Kampagne verzichtet. Das ist ein persönlicher Entscheid – auch bei uns.»

Eine kurze Sache

Vor dem Atelier hat sich eine kleine Schlange gebildet. Auch im Aufenthaltsraum sind viele Tische besetzt. «Einige kommen erst in der letzten Gruppe dran – aber sie stehen jetzt schon an», verrät eine Pflegefachfrau. Sie warten auf ihren Termin im Atelier. Heute wird hier nicht gestrickt, gebastelt oder gehäkelt, sondern geimpft. Und zwar generalstabsmässig. Alle Bewohnenden wurden vorgängig über die Eigenheiten und Risiken von «Comirnaty» informiert und gefragt, ob sie sich für eine Verabreichung entscheiden möchten. Die Impfwilligen wurden in 5er-Gruppen eingeteilt. Das Resultat ist eine A4-Liste auf dem Tisch im Atelier. Neben den Namen der Bewohnenden sind die nötigen Hinweise für den Hausarzt notiert: ASS oder Eliquis. So weiss der Arzt, wer derzeit Blutverdünner einnimmt. Diese exkate Organisation spart Zeit. «Wir hatten erwartet, dass wir im Haus Unteres Gremm den ganzen Tag benötigen. Aber im Mittag waren wir bereits durch», sagt Ursina Moser.

Schliesslich geht es los. Gestartet wird mit einer kurzen Anamnese. Hat eine der Anwesenden Fieber? Husten? Wollen sich wirklich alle impfen lassen? Dann geht alles plötzlich ganz schnell. Ein Pflegefachmann mit der entsprechenden Ausbildung bringt die fünf vorbereiteten Spritzen ins Zimmer. Er hat den Wirkstoff kurz zuvor mit etwas Kochsalzlösung verdünnt. Ein Pieks und der Spuk ist vorbei. «Ich war etwas nervös. Aber das war jetzt wirklich keine grosse Sache», sagt Edith Kohler danach. Ganz abgehakt ist das Thema Corona-Impfung damit aber noch nicht. Denn für die angestrebte Immunisierung sind zwei Dosen im Abstand von drei Wochen nötig. Ende Monat müssen Edith Kohler und ihre Mitbewohnerinnen also noch einmal den Arm hinhalten.

Positives Fazit

Edith Kohler kam im Jahr 1931 in Glarus zur Welt. Sie lebte in Dietikon, Altstätten und schliesslich in Teufen. Mit ihrem Anton (selig; verstarb vor 3 Jahren) hat sie drei Kinder grossgezogen. In ihren fast 90 Jahren hat sie einiges erlebt – nicht nur Gutes. Aber: «Zu klagen gibt es nichts. Mir ging es immer gut. Und wenn nicht, dann wusste ich, dass es wieder vorbeigeht.» Auch das vergangene Corona-Jahr scheint sie nicht besonders belastet zu haben. Klar: Es gab etwas weniger Besucher, kurzzeitig sogar gar keine, die Bewegungsfreiheit war teilweise eingeschränkt und die Betreuerinnen und Betreuer hatten mehr zu tun. «Aber das war jetzt halt einfach so. Was soll man sich da beschweren? Es gab schliesslich gar keine andere Möglichkeit. Und ich muss sagen: Sie haben es wirklich gut gemacht.» Die Vorkommnisse und ergriffenen Massnahmen gegen die Verbreitung des Virus ausserhalb des Heims verfolgt sie ebenfalls. Und sie stellt Bund und Kanton ein gutes Zeugnis aus: «Ich glaube, man hat einen guten Kompromiss gefunden. Die Jungen sollen ja auch leben können.»

Für Gesamtleiterin Ursina Moser und ihr Team ist der Impfstart ein hoffnungsvoller Tag. «Ja, wir freuen uns, dass es losgeht.» Aber auch klar ist: Ausgestanden ist Corona noch lange nicht. Denn auch nach der zweiten Impfdosis in drei Wochen werden die Hygiene- und Sicherheitsmassnahmen die Alters- und Pflegeheime wohl noch lange begleiten. tiz

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