Schindel um Schindel

27.09.2019 | Timo Züst
Hechtremise_Schindelfassade (7)
Die Schindeln liegen bereit. Fotos: tiz

Timo Züst

Die Hechtremise ist in ein Plastikgewand gehüllt. Darunter werden derzeit Schindeln angeschlagen. Die Hälfte der Fassade muss komplett erneuert werden. Damit hatte die Gemeinde eigentlich nicht gerechnet. Ohne diesen Mehraufwand könnte die Fassade aber nicht nachhaltig saniert werden. Und ein Besuch zeigt: Schindel ist nicht gleich Schindel.

Ein gezielter Schlag mit der kleinen Axt genügt. Die Schindel passt anschliessend perfekt in die Lücke. Kurz justieren. Dann wird genagelt. Karl Zürcher gehört bei der Züst Bedachungen AG «zum Inventar». Und er kennt sich mit Schindelfassaden aus «Er ist hier auf der Baustelle der ‘Tätschmeister’», sagt Geschäftsführer Marcel Züst. Gerade arbeiten Karl Zürcher und seine zwei Kollegen an der Neu-Beschindelung der Hechtremise-Fassade. Eine Arbeit, mit der man eigentlich nicht gerechnet hatte. «Die ersten Test zeigten ein gutes Bild», sagt Florian Ammann. Er arbeitet bei der «Baukom» und ist Bauleiter für die Projekte Dach- und Fassadensanierung bei der Hechtremise und beim Alten Feuerwehrhaus in Niederteufen. Die Sanierung einer rund 100-jährigen Fassade zu planen, ist eine Herausforderung. Man weiss nie genau, was sich unter den ersten Farbschichten verbirgt. Deshalb liess Ammann in Absprache mit der Gemeinde bereits im Februar die «ersten Tests» durchführen. Konkret bedeutet das: Teile der bemalten Schindeln werden sandgestrahlt, um die Qualität des darunterliegenden Holzes begutachten zu können. «Entscheidend ist, wie viel von der ursprünglichen Schindel noch übrig ist. Sind sie zu stark ausgewaschen, müssen sie ersetzt werden», so Ammann. Das ist einer der Vorteile dieser Fassaden-Art. Kaputte oder alte Schindeln können einzeln durch neue ersetzt werden. Das war dann auch der Plan: sandstrahlen, stellenweise reparieren und wieder bemalen. Nach dem Start Ende Juni zeigte sich dann aber schnell, dass daraus nichts wird.

Verzögerung und Mehrkosten

«Die Farbschichten waren teilweise bis zu einem halben Zentimeter dick», erinnert sich Martin Zoller, Fachverantwortlicher Hochbau bei der Gemeinde. Als diese Schicht entfernt war, zeigte sich: Die Schindeln wurden in einigen Bereichen nur noch von der Farbe zusammengehalten. Das Alter der Fassade schätzen die Beteiligten auf rund 100 Jahre. In dieser Zeit wurde die Farbe nie ganz von den Holzschindeln (Fichte / Tanne) entfernt. Stattdessen trug man alle paar Jahrzehnte eine neue Schicht auf. «So wurde dass bei vielen solchen Fassaden gemacht», weiss Marcel Züst. Nach dem Entfernen der dicken, weissen Schutzschicht war dann klar: Mindestens die Hälfte der Fläche muss komplett neu beschindelt werden. «Wir haben uns für die nachhaltigste Vorgehensweise entschieden. Diese neue Fassade wird wieder lange halten», so Zoller. Der unerwartete Mehraufwand brachte aber die zeitliche und finanzielle Planung durcheinander. Statt wie erwartet Mitte September werden die Arbeiten an der Hechtremise nun erst Ende Oktober beendet sein. Ähnliches gilt für des Alte Feuerwehrhaus in Niederteufen. Auch dort war die Fassade in einem schlechteren Zustand als erwartet. Bauleiter Florian Ammann vermutet, dass die Handwerker ihre Arbeiten dort in der zweiten Novemberhälfte abschliessen können. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Kosten. Für die Dach- und Fassadensanierung waren bei der Hechtremise 180’000 Franken und beim Alten Feuerwehrhaus 140’000 Franken veranschlagt worden. «Aufgrund der angetroffenen Verhältnisse ist jedoch mit Mehrkosten zu rechnen», so Zoller.

Bei Mondlicht

Schindelfassaden sind wieder in Mode. Das spürt auch Züst Bedachungen AG. Marcel Züst selbst ist ebenfalls Fan: «Das Holz arbeitet. Die Schindeln verändern mit der Zeit die Farbe. Jede Fassaden-Seite sieht etwas anders aus. Je nach Wetter, Sonneneinstrahlung, Feuchtigkeit und Wind. Mir gefällt das sehr.» Klar: Eine Schindelfassade mit ihren vielen Spalten und teilweise krummen Linien ist nicht jedermanns Sache. Aber Züst stellt klar: «Mit dem richtigen Holz am richtigen Ort ist eine Schindelfassade sehr nachhaltig.» Die Auswahl des Holzes ist dabei eine Wissenschaft für sich. Die erste Frage ist: naturbelassen oder bemalt? Für ersteres sind häufig Lärchen-Schindeln die erste Wahl, für letzteres wird meist Fichten- oder Tannenholz eigesetzt (à la Hechtremise). Wichtig dabei ist aber, dass die passende Farbe verwendet wird. «Wir haben hier eine Ölfarbe gewählt. Sie erlaubt es dem Holz, zu arbeiten und zu atmen ohne zu reissen», erklärt Florian Ammann. Denn während auf der einen Seite des Gebäudes noch Schindeln angeschlagen werden, ist die andere Seite bereits fertig. So soll der Zeitverlust minimiert werden.

Doch egal wie gut die Farbe – das Herz der Fassade sind die Schindeln. Deren Qualität ist entscheidend für die Lebensdauer. Deshalb hält sich Marcel Züst wann immer möglich an einige Faustregeln. Erstens: Das Holz muss von einem Baum stammen, der das Teufner Klima gewohnt ist. Das gilt insbesondere für die Höhenlage. Zweitens: Je langsamer und gleichmässiger der Baum gewachsen ist, desto bester für die Qualität der Schindeln. Denn dann liegen die Jahresringe näher beieinander. Und drittens: Der Baum muss in der richtigen Mondphase geschlagen werden, damit er nicht im Saft steht. «Einige Schindelmacher gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie fällen die Bäume nur, wenn Mondphase und Tierzeichen genau stimmen. Besonders bei Engadiner Lärchen-Schindeln ist das oft ein Thema», verrät Marcel Züst. Bei der Auswahl für die Hechtremise ging man nicht so weit ins Detail. Trotzdem: Die neue Fassade könnte gut und gerne weitere 100 Jahre Bestand haben.

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