Strukturwandel Ja, aber …

21.09.2023 | Timo Züst
SVP_Podium_Fusionen (3)
Die letzte Frage war: Wie nennt sich Ihre Wohngemeinde im Jahr 2030?

Während Wahlplakate die Strassen säumen, geht es im Lindensaal an diesem Mittwochabend bereits um den nächsten Urnengang. Am 26. November stimmt Ausserrhoden über eine Anpassung der Kantonsverfassung ab. Konkret geht es um die Frage, ob die Gemeinden in Zukunft fusionieren dürfen (Eventualvorlage). Oder ob sie sich sogar zu 3 bis 5 Gemeinden zusammenschliessen müssen (Gegenvorschlag der Regierung). Die SVP AR hat zu diesem Thema eine hochkarätige Podiumsdiskussion organisiert. Und das schonmal vorneweg: Alle Beteiligten sind für einen Strukturwandel. Wie so häufig geht es um die «Art und Weise».

FDP-Podium nächste Woche

Am 28. September findet bereits die nächst Podiumsdiskussion zum Thema Fusionen statt. Dieser Anlass mit speziellem Teufner Fokus wurde von der FDP Teufen organisiert.


Die Aussage war an diesem Abend mehrmals zu hören: eine der wichtigsten Abstimmungen seit der Abschaffung der Landsgemeinde. Warum das? Weil Ausserrhoden am 26. November mit einer Teilrevision der Kantonsverfassung die Weichen für die Zukunft stellt. Dafür wird das Stimmvolk gefragt: Stimmen Sie der Eventualvorlage oder dem Gegenvorschlag des Regierungsrates zu? Ersterer will die Namen der Gemeinden aus der Verfassung streichen und Fusionen grundsätzlich ermöglichen. Voraussetzung ist allerdings die Zustimmung der Einwohnenden der jeweiligen Gemeinden. Würden sich also Teufen und Bühler zusammenschliessen wollen, bräuchte es in beiden Dörfern eine separate Abstimmung – und zwei «Ja». Die Kantonsregierung wählt einen anderen Ansatz. Ihr Gegenvorschlag will in der Verfassung die Anzahl der Ausserrhoder Gemeinden auf 3 bis 5 festlegen. Sagt das Stimmvolk dazu am 26. November «Ja», würde der Kanton bei dem dafür nötigen Fusionsprozess die Federführung übernehmen. Abstimmungen in den jeweiligen Gemeinden fielen somit weg.

Über die Gemeindestrukturen wird im Kantonsrat – und ausserhalb – seit Jahren diskutiert. Kantonsrat Marcel Walker (FDP), einer Redner des Abends und Mitverfasser des Eventualantrags, hat die entsprechenden Vorstösse recherchiert. Der erste Eintrag stammt aus dem Jahr 2010. Damals wurde im Rat ein Postulat mit dem Titel «Analyse Gemeindestrukturen» eingereicht. Die nun anstehende Abstimmung geht aber in erster Linie auf die am 20. März 2018 eingereichte Volksinitiative «Starke Ausserrhoder Gemeinden» zurück (mehr dazu hier). Auch sie wollte die Gemeindenamen aus der Verfassung streichen und so Fusionen ermöglichen. Während der Behandlung dieser Initiative durch Kantons- und Regierungsrat entstanden die zwei Vorlagen, die nun zur Abstimmung gebracht werden: Eventualvorlage (Fusionen möglich / kein Zwang) und Gegenvorschlag (3 bis 5 Gemeinden). Die Initiative wurde zur deren Gunsten zurückgezogen.

In dem Fall bleibt alles wie es ist: Die Gemeindenamen sind weiterhin in der Verfassung «verankert» und Fusionen grundsätzlich nicht möglich. Die nächste Chance für eine entsprechende Anpassung wäre die Totalrevision der Kantonsverfassung.

Für den Gegenvorschlag machen sich im Lindensaal Regierungsrat Hansueli Reutegger (SVP / Schwellbrunn) und Claudia Frischknecht (Die Mitte / Kantonsrätin / Herisau) stark. Ihre wichtigsten Argumente:

Dringend nötig: Die Anforderungen an die Gemeindeverwaltungen steigen stetig. Sei das wegen neuer Gesetzgebungen oder den Bedürfnissen der Bürgerschaft. Gleichzeitig gestaltet sich die Personalsuche immer schwieriger – sowohl für Angestellte der Verwaltung als auch für politische Ämter. Hier sollen Fusionen Abhilfe schaffen: dank Professionalisierung auf Verwaltungs- und politischer Ebene. Gleichzeitig wird damit eine Qualitätsverbesserung erreicht. Der Gegenvorschlag würde einen Handlungszwang schaffen, sodass der nötige Strukturwandel nicht wieder verschleppt wird und schliesslich zu spät kommt.

Eine Richtung einschlagen: Den Vorwurf, der Gegenvorschlag sei nicht konkret genug, weist Regierungsrat Hansueli Reutegger zurück: «Es geht hier erst um die Frage, welche Richtung wir einschlagen wollen. Alle anderen Details werden später geklärt – insbesondere auch auf der Stufe der neuen Gemeinden.»

Funktionsräume nutzen: Die neuen Einheiten ermöglichen grossräumigere Planungen. Das hat bei der Raumplanung entscheidende Vorteile. Ein anderes Beispiel wäre ein Fahrradweg von Dorf zu Dorf.

Kein Identitätsverlust: Es geht um die Zusammenlegung der «Verwaltungseinheiten». Die jeweiligen Dörfer sollen Namen, Postleitzahl und Vereine behalten können. So bleibt die Identität unserer heutigen Gemeinden auch in der zukünftigen Struktur erhalten.

Auch auf der Gegenseite stehen zwei Politiker: Marcel Walker (FDP-Kantonsrat / Stein) und Patrick Kessler (Alt-FDP-Kantonsrat / Teufen) haben den Eventualvorschlag initiiert und verteidigen ihn heute Abend. Ihre wichtigsten Argumente:

Kein Fusionszwang: Die Stimmbevölkerung der betroffenen Gemeinden soll in jedem Fall über eine mögliche Fusion abstimmen dürfen. Zusammenschlüsse entstehen so aus der Basis und werden nicht von oben bzw. vom Kanton diktiert.

Zweifel am Nutzen: Ob die Fusionen die gewünscht Wirkung erzielen, sei zu bezweifeln. Eine grössere Einheit ist nicht zwingend effizienter und entsprechende Arbeitsstellen nicht per se attraktiver. Ausserdem kooperieren Gemeinden heute schon intensiv miteinander.

Die «Katze im Sack»: Die Vorlage der Regierung ist zu wenig klar. Die Stimmbevölkerung entscheidet sich für ein Ausserrhoden mit 3 bis 5 Gemeinden, ohne genau zu wissen, welche Fusionen angestrebt würden und wie diese aussähen. Die Regierung gibt damit bloss die Marschrichtung vor, die vielen Details – inkl. Fusionsgesetz und Zusammensetzung der Gemeinden – würden in den nächsten Schritten geklärt. Aber: Ein Zurück wäre nicht mehr möglich.

Emotionale Gründe: Die massive Umgestaltung des Kantons würde sich für viele Einwohnende nach einem Identitätsverlust anfühlen. Zudem kämpfen viele – auch kleinere Gemeinden – intensiv um ihre Eigenständigkeit bzw. wollen gar nicht zwingend fusionieren. Ausserdem, so Patrick Kessler, gerieten Dorfprojekte arg in Bedrängnis: «Wäre Teufen fusioniert, würden wir beispielsweise kaum über einen Tunnel diskutieren. Warum sollte ein anderes Dorf eine so grosse Investition unterstützen, von der es kaum profitiert?»  tiz

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