Unglaubliche Weihnachten

20.12.2023 | Timo Züst
nicole_bruderer
Nicole Bruderer ist seit 50 Tagen Pfarrerin der Reformierten Kirche Teufen. Foto: tiz

Seit 50 Tagen ist Pfarrerin Nicole Bruderer (mehr über sie hier) Teil der Reformierten Kirche Teufen. Die «Tüüfner Poscht» hat mit ihr in der «Blume» Kaffee getrunken und gefragt: Wie erlebt eine Pfarrerin Weihnachten? Und welche Krippenfigur mag sie besonders gern?

Frau Bruderer, Sie haben fünf Kinder. Wie haben Sie bisher Weihnachten gefeiert?

Wir haben schon immer an einer offenen Feier der Kirchgemeinde teilgenommen. Mein Mann ist Sozialdiakon an unserem Wohnort in Rorschach. Dieses Fest gehörte einfach dazu – und wir waren mit der ganzen Familie dabei.

Wer kommt an so eine Weihnachtsfeier?

Ganz unterschiedliche Leute. Familien, die sich ein gemeinschaftliches Fest wünschen. Oder Menschen, die ein Weihnachtsfest nicht organisieren können oder wollen. Und solche, die sonst vielleicht niemanden haben. Die Stimmung war auf jeden Fall immer sehr schön.

Inzwischen sind Ihre Kinder erwachsen. Was hat das verändert?

Eigentlich wenig. Sie nehmen heute noch an der Feier im Kirchgemeindehaus teil. Inzwischen «müssen» sie das natürlich nicht mehr (lacht). Sie haben aber für sich die grosse Sinnhaftigkeit eines solchen gemeinschaftlichen Fests erkannt – und helfen jeweils mit. Sie machen Musik oder kümmern sich um den Apéro.

Das klingt eigentlich ganz schön. Sie haben also diese angespannten Weihnachtsessen im kleinen Familienrahmen gar nie erlebt.

Das nicht. Zumindest nicht am 24. Dezember (lacht). Aber Diskussionen gab es natürlich schon. Meine Kinder wussten ja, dass ihre Gspänli anders Weihnachten verbringen. Sie stellten deshalb manchmal schon Fragen wie: Können wir nicht auch einmal «normal» feiern? Unsere Normalität ist eine offene Weihnachtsfeier, wie sie es auch in Teufen gibt.

Noch sind es ja ein paar Tage hin. Und die Vorweihnachtszeit ist für einige auch schwierig. Wie erleben Sie das in der Kirchgemeinde?

Die Adventszeit ist auch eine Zeit der frohen Erwartungen. Und diese werden halt nicht immer erfüllt. Das kann belastend sein. Ausserdem kommen in dieser besinnlichen Zeit oft auch Trauergefühle auf. Man erinnert sich vielleicht an jemanden, mit dem man bis vor Kurzem noch Weihnachten gefeiert hat. Ich glaube, das macht die Menschen etwas dünnhäutiger. Und gleichzeitig offen für «andere», reflektierende Gespräche. Man unterhält sich in dieser Zeit wohl eher über Themen, die man im actiongeladenen Juli kaum diskutieren würde.

Ist die Kirche momentan wichtiger oder weniger wichtig wie während dem Rest des Jahres?

Die Kirche ist für die Gesellschaft sowieso wichtig. Das ganze Jahr über. Aber vor und während Weihnachten kann sie vielleicht einen stärkeren Unterschied machen.

Welchen Unterschied?

Das Weihnachtsfest mit seinen Lichtern ist ein Orientierungspunkt während der Zeit der langen Nächte und kurzen Tage. Auch wenn vieles in Bewegung ist: Es gerät nicht alles aus den Fugen. In der Weihnachtszeit kann sich Kirche in besonderer Weise gastlich zeigen und tut es auch.

Teil Ihrer Aufgabe in der reformierten Kirche sind Besuche bei Seniorinnen und Senioren. Gibt es Generations-Unterschiede in der Wahrnehmung von Weihnachten?

Da kann ich nur von mir selbst sprechen. Und in meinem Fall hat sich in den vergangenen Jahrzehnten natürlich viel verändert. Früher, als ich die Stube mit fünf kleinen Kindern voll hatte, habe ich die Adventszeit anders verbracht. Damals lag der Fokus eher auf dem Krippenspiel und weihnächtlichen Bastelarbeiten. Heute besuche ich eher mal ein Konzert und habe mehr Zeit für den besinnlichen Teil. Und in Zukunft liegt der Fokus vielleicht nochmals ganz woanders.

Bleiben wir bei Ihnen persönlich: Was denken Sie über Weihnachten?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie unglaublich Weihnachten doch ist. Gott kommt als Krippenkind zur Welt. Das ist etwas Bewegendes, denn unsere Gottesbilder gehen eher nicht vom Kleinen und Verletzlichen aus. Wir werden dadurch ziemlich herausgefordert.

Derzeit ist viel von Hoffnung die Rede. Dabei geht es vor allem um die Bewältigung der vergangenen und aktuellen Krisen. Wie hoffnungsvoll sind Sie?

Wenn ich zurückdenke, habe ich das Gefühl, mir ging es im Verlaufe meines Lebens immer besser. Insbesondere im Vergleich zu den mir vorangegangenen Generationen. Das betrifft die Ausbildungs- und Reisemöglichkeiten, aber auch viel anderes. Und es stimmt, dass wir und vor allem unsere Kinder diesbezüglich in den vergangenen Jahren etwas «ausgebremst» wurden. Ich glaube, dass wir als Erwachsene unsere erlernte Zuversicht an die nächste Generation weitergeben sollen. Meine Hoffnungsperspektive gründet in Dankbarkeit und Gottvertrauen.

Schön gesagt. Noch ein paar kurze Fragen zum Abschluss. Ihre Lieblings-Leckerei vor Weihnacht?

Geht auch ein Getränk?

Klar.

Dann nehme in den «Flauder-Punsch».

Und Ihre liebste Tradition?

Der Adventskranz. Ich mag das Warten auf das Anzünden aller vier Kerzen.

Ihre liebste Krippenfigur?

Joseph. Er wird sehr oft als Mann mit grauem Gesicht dargestellt. Dabei ist er doch eigentlich frisch verliebt: in Maria und sein neugeborenes Kind. Das sollte man dem Joseph unbedingt ansehen. tiz

Hinweis: Die anstehenden Feiern der Reformierten Kirche finden Sie hier / die der Katholischen hier.

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