Vom Besucheransturm geradezu überwältigt

17.05.2015 | Erich Gmünder
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Schon eine halbe Stunde vor Beginn bildete sich eine Schlange beim Aufgang zum Kloster. Fotos: Erich Gmünder

Als der Leiter des Museums Appenzell, Roland Inauen, im Rahmen der Sonderausstellung „Wunderschöprächtig“ einen Besuch im Kloster Wonnenstein ausschrieb, hatte er mit zehn bis maximal 50 Personen gerechnet. Es kamen schliesslich am Samstag, 16. Mai mehr als doppelt soviele, um einen Blick hinter die Mauern des Klosters zu werfen.

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„Me globt’s jo gär nüd“, so der vom Ansturm schlicht überwältigte Innerrhoder Museumsleiter.

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Über 100 Besucherinnen und Besucher sassen oder standen dicht an dicht im Festsaal des Klosters und lauschten den Ausführungen von Roland Inauen sowie Schwester Scolastika über die Geschichte des Klosters, und sie bewunderten die kostbaren Schätze, welche die Schwestern in der Blütezeit des Kloster angefertigt hatten.

Roland Inauen kennt das Kloster nicht nur als Kurator des Museums Appenzell, sondern besucht es seit seiner Wahl zum Landammann vor zwei Jahren auch regelmässig als sogenannter „Kastenvogt“. Diese Funktion übt jeweils der Erziehungsdirektor aus. Der Kastenvogt ist für die Vermögensverwaltung der beiden zu Innerrhoden gehörenden Klöster Wonnenstein bei Niederteufen und Grimmenstein bei Walzenhausen verantwortlich. Wonnenstein sei das älteste Kloster Innerrhodens, betonte Roland Inauen. 700 Jahre lang habe es alle Stürme der Zeit, manche Brände, Kriege, die Pest und auch die Reformation überstanden, und jetzt, in unserer eigentlich doch verhältnismässig ruhigen Zeit, erlebten wir, wie es zu Ende gehe.

Nur noch fünf Schwestern leben hier, zum Teil hochbetagt, so dass es eine Frage der Zeit ist, bis das Kloster aufgegeben werden muss. Glücklicherweise hätten die Altherren der St. Galler Studentenverbindung Bodania zusammen mit den Schwestern einen Verein gegründet, der die Verwaltung übernommen habe und das Kloster nach dem Ausleben der jetzigen Klostergemeinschaft weiterführe, bis allenfalls eine neue Klostergemeinschaft gefunden ist.

Wonnenstein gehört ebenso wie Grimmenstein politisch zu Innerrhoden. Erst wenn die letzte Schwester gestorben ist, so steht es in einem Vertrag, geht die Innerrhoder Exklave an den Kanton Appenzell Ausserrhoden. Roland Inauen zitierte aber den Kirchenrechtler Claudius Luterbacher, wonach ein Kloster noch 100 Jahre nach dem Tod der letzten  Schwester weiterbesteht, so dass sich die Ausserrhoder nicht zu früh freuen dürften.

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Roland Inauen und Sr. Scolastika präsentieren die kostbaren Kunstwerke, sogenannte Paramente, Priestergewänder und Altardecken, die von Hand kunstvoll bestickt wurden.

Schwester Scolastika, mit 70 Jahren mit Abstand jüngste Nonne im Kloster, erzählte mit viel Schalk und Charme aus dem Leben im Kloster und stellte zusammen mit Roland Inauen dessen Schätze vor. 1964 als kaum Zwanzigjährige eingetreten, war sie damals die 41. der Wonnensteiner Kapuzinerinnen – es ist bis heute der letzte Neueintritt geblieben. In der Hochblüte hatte es einst gar 45 Schwestern gegeben, und diese hatten ihren Unterhalt auch mit der Ausbildung und Unterbringung von sogenannten „Kosttöchtern“ verdient, welche in Musik und Kunststicken unterrichtet wurden.

Der Landwirtschaftsbetrieb, den die Klosterfrauen mit Unterstützung der „Klosterknechte“ noch selber geführt hatten, wurde verpachtet, Angestellte und zahlreiche Freiwillige helfen nun in der Küche und im grossen Garten. Neben drei Stunden täglichem Gebet und der Pflege der betagten Mitschwestern könne die kleine Klostergemeinschaft all dies nicht mehr alleine bewältigen.

Die Heilmittel der einst berühmten Apotheke werden von einer Ausserrhoder Firma hergestellt und vertrieben,  und auch die Stickerei wurde eingestellt. Bis zu 15 Schwestern fertigten die kunstvollen Messgewänder für die Priester an. Schwester Scolastika erlebte das Ende dieser Tradition. Als sie eintrat, arbeiteten noch zwei ältere Schwestern in der Stickerei, wo sie vor allem noch Reparaturen ausführten.

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Beliebt waren auch die Wachsfiguren, insbesondere die „mit kindlicher Freude“ hergestellten „Wachs-Chindli“, süssliche Darstellungen des Jesuskindes, welche in kunstvoll bestickte Kleidchen gesteckt wurden. Weil manche Nonnen es übertrieben und die Wachsfiguren wie Babys gewiegt hätten, habe es sogar ein Dekret gegeben, welches solches verboten hätte, erzählte Roland Inauen schmunzelnd.

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Die Heilmittel und Kräutertees, Konfitüren, Kerzen und verschiedene andere Handarbeiten, zum Teil noch mit den edlen Materialien aus der Stickerei verziert, sowie die Fotokarten der leidenschaftlichen Fotografin Sr. Scolastika gibt es jeweils am Adventsverkauf zu kaufen. Mit dem Erlös leisten die Schwestern einen kleinen Beitrag an den aufwendigen Unterhalt der Klostergebäulichkeiten.

Wer gehofft hatte, einmal einen Blick in die Klausur – das Refektorium oder die Zellen, wo die Nonnen wohnen –  werfen zu können, musste enttäuscht werden. Männer haben dort keinen Zutritt, ausser ausnahmsweise mal ein Handwerker – oder der Kastenvogt selber, wie Roland Inauen schmunzelnd erzählte. Ein älterer Besucher erinnerte sich, wie er als kleiner Knabe einst zwei Tanten, die im Kloster lebten, in ihren Zellen besuchen durfte – das sei heute nicht mehr erlaubt, auch für Kinder gebe es keine Ausnahme mehr, sagte Sr. Scolastika.

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Nur das Gästehaus mit dem Festsaal und die frühere Wirtsstube, welche vor rund 50 Jahren einging, sind für externe Besucher bei besonderen Gelegenheiten noch zugänglich.

Erich Gmünder

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