Walter Grob verstiess gegen Ausstandsregeln und informierte unzureichend

12.09.2016 | Erich Gmünder
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Vizepräsident Markus Bänziger, rechts neben ihm Rechtsanwalt Markus Joos und GPK-Präsident Willi Staubli.

Erich Gmünder

Die Vorgeschichte ist weitgehend bekannt: Per Ende Mai trat Gemeindepräsident Walter Grob von seinem Amt zurück, nachdem ihm der Gemeinderat das Vertrauen infolge einer Erbschaftsangelegenheit entzogen hatte. Am Montagabend, 12. September präsentierten Gemeinderat und GPK der Bevölkerung gemeinsam den Bericht der Administrativuntersuchung, den sie beim Herisauer Anwalt Markus Joos in Auftrag gegeben hatten.

Der 49-seitige Bericht wurde am Montagvormittag vorab den Vertretern der regionalen Medien vorgestellt. Und erstmals wurde die Höhe des Vermächtnisses konkret beziffert. Walter Grob nahm selber am Abend an der Versammlung teil und gab emotional bewegt eine Stellungnahme ab, wo er seine andere Sicht der Dinge schilderte und nicht mit Kritik an der GPK und dem Gemeinderat sparte. An der Versammlung blieben die erwarteten Diskussionen aus, was Vizepräsident Markus Bänziger als gutes Zeichen wertete.

Die vier Hüte von Walter Grob

Die Administrativuntersuchung hatte zum Ziel, die Abläufe in der Verwaltung, die Abwicklung des Nachlasses sowie das Verhalten von Walter Grob zu überprüfen. Der Bericht entlastet die Leiterin des Erbschaftsamtes, wird ihr doch eine korrekte Durchführung bescheinigt. Im Bericht wird mit verschiedenen konkreten Beispielen belegt, dass Walter Grob mehrfach gegen die Ausstandsregeln verstiess, unzureichend informierte oder sich in einem Fall strafrechtlich im Graubereich bewegte.

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Rechtsanwalt Markus Joos am Vormittag bei der Präsentation des Untersuchungsberichts vor den Medien.

Markus Joos zeigte die Interessenkollisionen auf, in denen sich Walter Grob in seinen unterschiedlichen Rollen als Gemeindepräsident, als Präsident der Heidi und Paul Guyer-Stiftung, als Präsident der Erbteilungskommission sowie als Vermächtnisnehmer befunden hatte. Da das Vermächtnis „1:1“ zulasten der Erbin, nämlich der Stiftung ging, hätte er sowohl als Stiftungsratspräsident wie als Präsident der Erbteilungskommission unverzüglich in den Ausstand treten müssen.

Und: Als Gemeindepräsident sei er von Amtes wegen für das Funktionieren der Verwaltung verantwortlich. Als solcher hätte er den Gemeinderat unverzüglich über die Ausstandsgründe informieren müssen, so dass die Erbteilungskommission durch die Wahl von Ersatzmitgliedern wieder funktionstüchtig gewesen wäre.

Bei diesen Versäumnissen seien jedoch keine strafbaren Handlungen festgestellt worden, etwa gegen die Amtspflicht (z.B. Amtsmisssbrauch oder ungetreue Amtsführung). Die Handlungen als Präsident des Stiftungsrates seien jedoch als „zivilrechtlich relevante Pflichtverletzungen“ einzustufen.

Ein strafrechtlich relevanter Tatbestand
Ein einziger Tatbestand war nach den Worten von Markus Joos „von strafrechtlicher Relevanz“. Walter Grob hatte einen Händler beauftragt, die beiden wertvollsten Stücke aus dem Schmucks, der ihm zusätzlich zur Barsumme vermacht wurde, auf privater Basis zu verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt vor der offiziellen Erbteilung gehörte dieser aber noch zum Erbe und damit der Stiftung. Er war von der Leiterin des Erbschaftsamtes sichergestellt und in ihrem Auftrag von einem externen Experten geschätzt worden und wurde in ihrem Büro aufbewahrt.

Für den Anwalt ein Fall von „unrechtmässiger Aneignung“, ein Straftatbestand, der auf Antrag verfolgt wird. Die (interimistisch von einem Anwalt als Sachwalter geführte) Heidi und Paul Guyer-Stiftung verzichtete jedoch auf eine Anzeige, da sie durch den Verzicht auf das Vermächtnis nicht zu Schaden gekommen war. Der Schmuck wurde zurückgeführt.

Rasch gehandelt

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GPK-Präsident Willi Staubli.

GPK-Präsident Willi Staubli berichtete, wie die GPK in der alten Zusammensetzung am 1. März aus der Bevölkerung einen Hinweis erhielt, dass der Gemeindepräsident ein Vermächtnis in aussergewöhnlichem Umfang zulasten der Stiftung erhalten hatte. Die GPK habe sich ein Bild machen wollen, habe aber von der Gemeinde anfänglich nur zögerlich Informationen erhalten. Schliesslich wurden Walter Grob und andere Beteiligte zur Stellungnahme und Anhörung eingeladen. Dabei sei schnell klar geworden, dass bei Walter Grob mehrere Interessenkollisionen vorlägen. Mit dem Entwurf des GPK-Berichtes erhielt der Gemeinderat kurz vor Ostern 2016 erstmals Kenntnis vom Sachverhalt. „Uns war wichtig, dass der Fall lückenlos aufgeklärt wird und die Abläufe genau untersucht werden“, sagte Staubli.

Laut Markus Bänziger, Präsident der Finanzkommission, ging es danach schnell: Innerhalb von wenigen Tagen wurde unter seiner Leitung  – Walter Grob war in der Zwischenzeit in den Ausstand getreten –  der Sachverhalt abgeklärt, teilweise unter Beizug der GPK. Am 7. April wurde Walter Grob nach Anhörung das Vertrauen für die weitere Zusammenarbeit entzogen, dies weil er unzureichend informiert hatte sowie aufgrund der Tatsache, dass er die Ausstandsregeln nicht eingehalten hatte. Unverzüglich wurde in Abstimmung mit der GPK eine Administrativuntersuchung eingeleitet und beide Gremien machten eine Aufsichtsbeschwerde bei der Stiftungsaufsicht.

Wie dem Untersuchungsbericht zu entnehmen ist, hatte Walter Grob zwar den Gemeinderat über die Erbschaft von Frau Guyer zugunsten der Stiftung informiert, jedoch nicht darüber, dass er selber begünstigt wurde.

Am 17. April gab Walter Grob seinen Rücktritt per Ende Mai 2016 bekannt, enthielt sich jedoch damals einer Stellungnahme.

Millionen-Erbschaft

Bei den Zuwendungen an Walter Grob war bisher immer von einem „Vermächtnis in aussergewöhnlicher Höhe“ die Rede, konkrete Zahlen gab es bisher nicht, vorerst auch heute Vormittag nicht trotz Nachfragen von Journalisten. Begründet wurde dies mit dem Persönlichkeitsschutz. Gerüchteweise hatte schon länger der Betrag von 1 Mio. Franken die Runde gemacht. Im Verlaufe des Nachmittags wurden die konkreten Zahlen nachgeliefert: Es handelte sich um Barvermögen (Bankguthaben und Wertschriften) in der Höhe von 1 Mio. Franken sowie um Schmuck im Wert von 120’00 Franken.

Am Abend wurde bestätigt, dass sich das Gesamtvermögen der Verstorbenen auf rund 4 – 4,5  Mio. Franken beläuft, je nach Bewertung, da es sich zum grossen Teil ein Aktienportfolio handelt. Es fliesst nach dem Verzicht von Walter Grob uneingeschränkt an die Stiftung.

Kein Fall von Erbschleicherei

Rechtsanwalt Markus Joos hatte mit insgesamt acht Personen aus der Verwaltung, dem Haus Lindenhügel und weiteren Auskunftspersonen gesprochen. Aufgrund seines Wissensstandes könne er ausschliessen, dass Walter Grob auf das Testament Einfluss genommen habe.

Die Erblasserin hatte bereits früher darüber gegenüber mehreren Personen und auch Walter Grob gegenüber davon gesprochen, dass sie ihn begünstigen wolle. Dieser hatte abgelehnt, da er für seine Hilfeleistungen – im wesentlichen ging es vor allem um Bankeinzahlungen – ja entschädigt werde. Sein Einsatz begann Mitte Mai 2015. Sie blieb jedoch dabei und änderte Mitte Juli 2015 das Testament zu seinen Gunsten – und damit zu Ungunsten eines anderen Paars, das die Frau mehrere Jahre begleitet hatte und nun leer ausging.

Personen aus dem Umfeld sowie ein Arzt bescheinigten der damals 93-jährigen Frau, dass sie urteilsfähig war. „Es scheint, dass Frau Guyer bis zum Schluss eine willensstarke Person war und genau wusste, was sie will“, sagte dazu Markus Joos. Der Vorwurf der Erbschleicherei sei aus seiner Sicht nicht angebracht.

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Trotz des schönen Sommerabends war der Lindensaaal mehr als zur Hälfte gefüllt.

Keine Amtsgeheimnisverletzung

Anfangs März erhielt die GPK einen anonymen Hinweis auf die Erbschaft von Gemeindepräsident Walter Grob, worauf die Affäre ins Rollen kam. Vermutet wurde, dass es sich um ein Leck in der Verwaltung handelte. Markus Joos konnte diesen Verdacht aber nach den Befragungen entkräften. Es liege keine Verletzung des Amtsgeheimnisses oder von Bestimmungen des Datenschutzes vor. Da die Erblasserin offen über ihre Absichten gesprochen habe, hätten viele Leute von dem Erbe gewusst, der Kreis der Mitwisser sei gross gewesen. Daher empfiehlt RA Joos, auf eine Strafanzeige gegen Unbekannt zu verzichten.

Die Rolle von Ursula von Burg

Als Vizepräsidentin des Gemeinderates und Mitglied des Ratsbüros sass Ursula von Burg zusammen mit dem Gemeindepräsidenten und dem Gemeindeschreiber von Amtes wegen im Stiftungsrat und war auch Mitglied der Erbteilungskommission, wurde jedoch von Walter Grob erst spät und über die Interessenkollision gar nicht informiert. Laut ihren Aussagen im Bericht hatte Walter Grob beteuert, dass er das Vermächtnis als Privatperson erhalten habe. Weder die Stiftung noch die Erbteilungskommission waren zu diesem Zeitpunkt beigezogen worden, während Walter Grob verschiedene Handlungen vornahm und Dokumente im Zusammenhang mit dem Nachlass unterzeichnete.

Ziel erreicht

Laut Willi Staubli wurde der Bericht von der GPK zur Kenntnis genommen. Das Ziel der Untersuchung sei erreicht worden, der Bericht sei umfassend und professionell erstellt worden. Aufgrund des Berichts sei auch nachvollziehbar, dass beim Gemeinderat das Vertrauen in den Gemeindepräsidenten nicht mehr vorhanden war. Er sowie Markus Bänziger zollten dem ehemaligen Gemeindepräsidenten Walter Grob Respekt, dass er an der Versammlung zugegen war und seine Sicht der Dinge darlegte.

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Walter Grob setzte sich unter das Publikum und gab am Schluss eine Erklärung ab.

„Den Boden unter den Füssen weggezogen“


Walter Grob trat zum Schluss ans Mikrofon und machte klar, dass er bezüglich der Annahme des Vermächtnisses eine gänzlich andere Sichtweise als der Gemeinderat vertritt. Als er von Frau Guyer erfahren habe, dass sie ihn und seine Frau im Testament begünstigen wolle, hätten sie beide gesagt, das wollten sie nicht. „Aber wer Frau Guyer gekannt hat, weiss, dass sie eine sehr starrköpfige Frau gewesen ist, und sie hat gesagt, nein, ich will das, den Rest erhält die Gemeinde.“

„An der Sitzung vom 7. April hat mir der Gemeinderat im wahrsten Sinn des Wortes den Boden unter den Füssen weggezogen“, sagte er zum Vertrauensentzug des Gemeinderates. Damit habe er ihm das Vertrauen und die Legitimation für die Tätigkeit als Gemeindepräsident entzogen. Mit dem Beschluss habe der Gemeinderat seinen Rücktritt per Ende Mai  2016 erzwungen, obwohl er bis Ende Mai 2019 gewählt war. Eingeleitet worden sei dieser Schritt jedoch bereits früher durch die GPK. Diese habe ihn nach einer schriftlichen Stellungnahme zu einem Gespräch eingeladen, das aus seiner Wahrnehmung mit Anschuldigungen und Unterstellungen „aus der untersten Schublade“ gespickt gewesen sei, die sich keiner Weise bewahrheitet hätten. Die GPK habe danach den Gemeinderat informiert, dieser sei der Sache nachgegangen und habe Massnahmen ergriffen.

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Der Bericht von Rechtsanwalt Markus Joos, den er vorgängig einsehen konnte, sei sorgfältig ausgearbeitet worden und er könne die Ausführungen bestätigen und habe sie so zur Kenntnis genommen. Rückblickend – „da ist man vielfach gescheiter“ – müsse er Rechtsanwalt Joos bezüglich der festgestellten Fehler in der Kommunikation/Information gegenüber dem Gemeinderat  zustimmen. Anderseits beleuchte der Bericht sein Verhalten im Zusammenhang mit den vermachten Schmuckstücken kritisch. Bei der „Schmuckangelegenheit“ handle es sich um eine“ juristische Feinheit“ des Vermächtnisses, die für ihn als Laie nicht erkennbar gewesen sei. Und: Er habe den Schmuck ausgehändigt erhalten und nicht in Besitz genommen.

Er stellte nochmals fest, was er schon von Anfang an gesagt habe im Zusammenhang mit dem „Riesenvermächtnis“: Wenn es nicht rechtens sei, verzichteten er und seine Frau sofort darauf. Trotz der im Bericht von Markus Joos festgehaltenen Rechtmässigkeit hätten sie darauf verzichtet. Im Vordergrund dieses Entscheides stünden nicht private, sondern öffentliche Interessen: „Wir wollten für uns und die Gemeinde Teufen nur das Beste und vor allem keinen erneuten Imageschaden für die Gemeinde und wochenlange Pressepräsenz“. Es sei ihm ein Bedürfnis, sich auch an dieser Stelle bei der Bevölkerung für die im Bericht festgehaltenen Kommunikations- und Informationspflichtverletzungen zu entschuldigen.

Der Bericht zeige keine strafrechtlich relevanten Umstände auf. Walter Grob betonte, mit dem vollständigen Verzicht auf das Vermächtnis sei niemandem ein Schaden entstanden. Deshalb sei für ihn die Sicht des Gemeinderates mit der „Vermischung von Privatperson und Gemeindepräsident“ nach wie vor nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig könne er die Schlussfolgerungen des Gemeinderates teilen: „Ich habe eine andere Sichtweise.“ Er werde nun zusammen mit seinem Anwalt in aller Ruhe prüfen, ob aus dem Dienstverhältnis Ansprüche geltend gemacht werden könnten.

Obwohl nicht in allen Teilen Konsens bestehe, sehe er weiterhin keine Veranlassung, sich separat an die Presse zu wenden, das im öffentlichen Interesse und im Interesse der Gemeinde.

Emotional bewegt sagte Walter Grob zum Schluss der applaudierten Stellungahme: „Das von der GPK und dem Gemeinderat inszenierte Polit-Theater mit grosser psychischer Belastungen für mich und meine Familie, aber auch Rechtsanwaltskosten, hat auch sein Gutes: Ich habe einen neuen Job und gehe wieder jeden Tag mit Freude an die Arbeit.“ (Applaus)

(Update: 14.9.)

 

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Fotos: Marlis Schaeppi/Erich Gmünder

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